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Nacht und Nebel: Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt kommt am 16.08.2017 in Potsdam zu einer Sitzung der BER-Gesellschafterversammlung.

© Gregor Fischer/dpa

Autobahnbau: Die üble Scharade des Verkehrsministers

Dobrindt und der Autobahnbau: Am Ende zahlt der Bürger mehr, um zu glauben, er zahle weniger. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Anna Sauerbrey

Schon klar, auch Politiker müssen mal was Neues ausprobieren dürfen. Was aber, wenn sie damit scheitern – und trotzdem einfach immer weitermachen? Wenn sie wider besseres Wissen handeln? Genau das hat Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) gemacht.

Dobrindt ist ganz verliebt in öffentlich-private Partnerschaften beim Autobahnbau. Zahlreiche neue Projekte hat er angestoßen. Als glänzendes Vorbild pries er dabei die Zusammenarbeit mit dem Konsortium A1 Mobil, das ein Teilstück der A1 zwischen Hamburg und Bremen betreibt. Tatsächlich ging der sechsspurige Ausbau sehr schnell. Im Gegenzug erhält das Konsortium Millionen aus der Lkw-Maut. Die „Süddeutsche Zeitung“ berichtete nun allerdings in dieser Woche, dass diese Einnahmen bei Weitem nicht zur Wirtschaftlichkeit reichen. Das Konsortium hatte auf steigenden Lkw-Verkehr spekuliert, der dann aber aufgrund der Finanzkrise nicht eintrat. Das Verkehrsministerium wusste um die finanziellen Nöte, verhandelte seit Jahren. Jetzt, kurz vor der Wahl, verklagt das Konsortium die Bundesregierung auf 640 Millionen Euro.

Die Politik macht sich erpressbar

Der Fall zeigt: Die Politik macht sich erpressbar. Aber nicht nur das muss Dobrindt längst klar gewesen sein, sondern auch, dass es keineswegs eindeutig wirtschaftlicher und besser ist, Autobahnen mittels ÖPP zu bauen. 2014 und 2016 kritisierte der Bundesrechnungshof die öffentlich-privaten Partnerschaften beim Autobahnbau. 2014 monierte er nach Prüfung von sieben Projekten Mehrkosten von insgesamt 1,9 Milliarden Euro. 2016 kritisierte er, der Mittelstand komme nicht zum Zuge, stattdessen internationale Konsortien (tschüss, Steuereinnahmen). Private mögen effektiver organisieren und bauen. Sie zahlen aber in normalen Zeiten auch wesentlich höhere Zinsen als der Staat und kalkulieren natürlich mit Rendite.

Das alles stimmte Dobrindt nicht um: Parallel zu den jahrelangen Streitigkeiten mit A1 Mobil drückte der Verkehrsminister die Autobahngesellschaft durch den Bundestag und dann, kurz vor der Sommerpause, durch einen milliardenschweren Deal mit den Ländern auch durch den Bundesrat. Die Autobahngesellschaft, in der die Länder ihre Hoheitsrechte abtreten, macht durchaus Sinn; sie soll Reibungsverluste zwischen Bund und Ländern vermeiden. Praktischer Nebeneffekt für Dobrindt: Da es sich um eine GmbH handelt, ist der ÖPP-kritische Rechnungshof in Zukunft außen vor. Die Autobahngesellschaft darf ausdrücklich weitere öffentlich-private Partnerschaften eingehen, wird aber nicht vom Rechnungshof kontrolliert.

Hex, hex - die Kosten für den Autobahnbau sind aus dem Haushalt verschwunden

Die Kritik trifft nun zuerst den Verkehrsminister, zu Recht. Doch auch das Wirtschafts- und das Finanzressort gehören zu den Befürwortern öffentlich-privater Partnerschaften. Die Gründe sind politisch und bürokratisch. Zwar zahlt der Staat – und damit der Bürger – womöglich drauf, weil er mehr Mauteinnahmen an die Privaten abdrücken muss als geplant – wenn etwa A1 Mobil den Rechtsstreit gewinnt. Aber erst einmal – hex, hex – sind die Kosten für den Autobahnbau aus dem Haushalt verschwunden. Die politische Heilige, die schwarze Null, sie steht.

Anders gesagt: Am Ende zahlt der Bürger mehr, dafür dass ihm vorgegaukelt wird, er zahle weniger. Eine üble – und teure – Scharade.

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