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Auf eine Synagoge in Wuppertal wurde Ende Juli ein Anschlag verübt

© dpa

Berlin - Kundgebung am Brandenburger Tor: "Steh auf! Nie wieder Judenhass!"

Unter dem Motto „Steh auf! Nie wieder Judenhass!“ ruft der Zentralrat der Juden zu einer Kundgebung am Sonntag auf - es gibt breite Unterstützung. Die Linke Petra Pau sagt: Der alltägliche Antisemitismus ist eine Schande.

Von Matthias Meisner

Mit breiter Unterstützung aus Parteien, Kirchen und Verbänden mobilisiert der Zentralrat der Juden für die Großkundgebung "Steh auf! Nie wieder Judenhass!". Hauptrednerin der Veranstaltung am Sonntag ab 15 Uhr am Brandenburger Tor wird Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sein, als Ehrengast Bundespräsident Joachim Gauck teilnehmen. Zahlreiche weitere Prominente haben ihr Kommen zugesagt, darunter zum Beispiel der ehemalige Bundesaußenminister Joschka Fischer (Grüne). Zu der Kundgebung rufen alle demokratischen Parteien auf - von den Unionsparteien über SPD, Grüne und FDP bis zur Linken und den Piraten.

Auch der neue DGB-Bundesvorsitzende Reiner Hoffmann warb für eine rege Beteiligung. "Der neue – und der alte – Antisemitismus in Deutschland ist erschreckend", sagte er dem Tagesspiegel. "Der DGB lehnt Rassismus in jeder Form ab, und ebenso Parteien und Organisationen, die Antisemitismus, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit propagieren. Sie dürfen in diesem Land keinen Raum gewinnen. Die Kundgebung muss ein deutliches Signal werden, das über diesen Tag hinaus Wirkung zeigt – ich hoffe auf viele Teilnehmer!"

Pau: Es geht nicht um Sonntagsbekenntnisse

Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau (Linke) sagte dem Tagesspiegel: "Immer mehr Deutsche geben sich nicht mehr als Jüdinnen und Juden zu erkennen, weil sie Hass und Gewalt fürchten. Und noch immer müssen jüdische Einrichtungen besonders geschützt werden." Vor Jahren habe sich der Bundestag intensiv mit dem Thema Antisemitismus beschäftigt, Grundlage sei eine Analyse bekannter Experten gewesen. Doch die Empfehlungen lägen auf Eis, "die Bundesregierung ruht in sich". Pau erklärte: "Natürlich nehme ich an der Kundgebung ,Steh auf! Nie wieder Judenhass!' teil. Aber es geht nicht um Sonntagsbekenntnisse. Antisemitismus gibt es alltäglich, inmitten der Gesellschaft. Das ist die eigentliche Schande, für Deutschland, für uns."

Merkel: Antisemitismus darf in Deutschland keine Chance haben

Merkel hatte am Samstag in ihrem aktuellen Video-Podcast betont: "Antisemitismus darf in Deutschland keine Chance haben." Dafür werde sie persönlich wie auch die ganze Bundesregierung und jeder verantwortliche Politiker alles tun. Aus der Gesamtverantwortung Deutschlands für seine Geschichte ergebe sich die Mahnung, sich "überall auf der Welt für Toleranz, für friedliches Miteinander-Leben, für Demokratie einzusetzen". Es stimme sie sehr besorgt, dass es in Deutschland keine einzige jüdische Einrichtung gebe, die nicht durch Polizei bewacht werden müsse, sagte Merkel weiter. Ängste jüdischer Menschen dürfe man nicht "wegdrängen", sondern müsse jedem Hinweis auf Antisemitismus entschieden nachgehen. Sie hoffe, dass möglichst viele Menschen am Sonntag zu der Kundgebung am Brandenburger Tor kommen, sagte Merkel.

"Steh auf! Nie wieder Judenhass!"
"Steh auf! Nie wieder Judenhass!"

© Logo: Zentralrat der Juden in Deutschland

Neben der Bundeskanzlerin sprechen sollen am Sonntag der Vorsitzende der Katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Nikolaus Schneider, sowie der Präsident des World Jewish Congress, Ronald S. Lauder.

Kardinal Marx erwartet Signal gegen Terrorismus und Fanatismus

Marx sagte der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA), er erwarte ein deutliches Signal gegen Terrorismus und Fanatismus. "Angesichts der teils religiös motivierten Konflikte im Nahen Osten, aber auch in Syrien und dem Irak ist es sicherlich nötig, zu zeigen, dass Extremismus keinen Rückhalt in der breiten Bevölkerung und auch nicht in den jeweiligen Religionsgemeinschaften hat", betonte der Münchener Erzbischof. "Daher ist ein breites Bündnis von religiösen wie auch staatlichen Repräsentanten von großem Wert. Gemeinsam müssen wir Terrorismus und Fanatismus eine unmissverständliche Absage erteilen."

Vor allem der Krieg im Gazastreifen hatte in den vergangenen Monaten zu verschiedenen Formen des Antisemitismus geführt. So hatte es einen Brandanschlag auf eine Synagoge in Wuppertal gegeben. Bei antiisraelischen Demonstrationen waren Parolen wie "Jude, Jude, feiges Schwein" und "Israel - Kindermörder" laut geworden. Einige Anti-Israel-Demonstrationen waren auch von der Linkspartei unterstützt worden, es hatte deshalb anschließend heftige Diskussionen gegeben.

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