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Klaus Wowereit hat gegen die "Bild"-Zeitung verloren.

© dpa

BGH-Urteil: Wowereit verliert vor Gericht gegen Bild

Niederlage für Klaus Wowereit: Die "Bild"-Zeitung hatte Fotos des Ex-Regierenden beim Abendessen in der "Paris Bar" gedruckt - zurecht, entschied nun der Bundesgerichtshof.

Berlins früherer Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) hat den Rechtsstreit über die Veröffentlichung von Fotos aus der „Paris Bar“ vor dem Bundesgerichtshof (BGH) verloren. Die Richter wiesen seine Klage am Dienstag in letzter Instanz ab (Az.: VI ZR 310/14).

Wowereit war im Januar 2013 bei einem privaten Treffen mit dem damaligen Chef der Modemesse Bread & Butter, Karl-Heinz Müller, sowie dessen Ehefrau von außen durch die Fenster der Prominenten-Bar an der Berliner Kantstraße abgelichtet worden. Die „Bild“-Zeitung, in der die Fotos erschienen, stellte das Treffen in einen Kontext mit der folgenden Vertrauensabstimmung im Abgeordnetenhaus wegen der BER-Krise, die Wowereit später überstand. Das Blatt schrieb damals: „Vom Party-Bürgermeister zum Bruchpiloten“. In den Bildunterschriften zum Kneipenbesuch hieß es unter anderem, „der Regierende wirkt am Vorabend der Abstimmung im Parlament entspannt und genehmigt sich einen Drink in der Paris-Bar“. Hinzu kam, dass seinerzeit die Vermietung des stillgelegten Flughafens Tempelhof zu Vorzugsbedingungen an die Modemesse umstritten war. Wowereit reagierte dennoch empört, weil es sich um ein „privates Abendessen“ gehandelt habe.

Bundesrichter: Bilder zeigen Wowereit in einer unverfänglichen Situation

Der BGH ordnete die Bilder dem Bereich der Zeitgeschichte zu und wies Wowereits Klage jetzt endgültig ab – anders als die Berliner Gerichte, die den Fall zuvor beurteilt hatten. „Ob siegesgewiss, aufgeregt, entspannt, bangend – nichts dergleichen lässt sich den Schnappschüssen entnehmen“, hieß es noch in einem Urteil des Landgerichts. Es gehe der Zeitung nur um Befriedigung von Neugier.

Die Bundesrichter meinten dagegen, die Fotos zeigten Wowereit in einer „eher unverfänglichen Situation beim Abendessen in einem bekannten, von prominenten Personen besuchten Restaurant“. Im Zusammenhang mit der Presseberichterstattung über ein bedeutendes politisches Ereignis könne die ohne Einwilligung erfolgende Veröffentlichung von Fotos in einer privaten Situation durch das Informationsinteresse der Allgemeinheit gerechtfertigt sein. Wowereit habe unter diesen Umständen, gerade am Vorabend der Misstrauensabstimmung, nicht damit rechnen können, den Blicken der Öffentlichkeit und der Presse entzogen zu sein.

Karl Lauterbach zog seine Klage zurück

Wowereits Anwalt Christian Schertz kritisierte die Entscheidung. „Das Urteil ist in seinen Folgen fatal“, sagte er. Es erkläre Politiker zu Freiwild, da man sie in Zukunft in jedem privaten Moment abbilden dürfe. „Hauptsache, man schreibt einen Satz darunter, der irgendeinen vermeintlichen Bezug zur Öffentlichkeit hat.“ Schertz will nun die Möglichkeit einer Verfassungsbeschwerde prüfen. Der beklagte Springer-Verlag, bei dem die „Bild“ erscheint, begrüßte das Urteil. Es sei „auch ein Signal an die deutsche Gerichtsbarkeit, die Berichterstattungsfreiheit der Presse künftig stärker zu respektieren“, erklärte ein Sprecher.

Während Wowereit vor Gericht unterlag, zog der SPD-Abgeordnete Karl Lauterbach seine Klage vor dem BGH wegen aus seiner Sicht unzulässiger Presseberichterstattung zurück. Nach Informationen des Tagesspiegels hat Lauterbach diesen Schritt bereits Ende Juli unmittelbar nach einer Tagesspiegel-Anfrage zu seinem Prozess offenbar im Hinblick auf erwartete negative Berichte über seinen Fall vollzogen.

Nach der Bundestagswahl 2013, als Lauterbach als möglicher neuer Gesundheitsminister im Gespräch war, hatte seine frühere Ehefrau ein Interview gegeben, das damals unter anderem die „Bild“-Zeitung aufgriff. Darin sprach sie ihrem Ex-Mann die Eignung für ein Ministeramt ab. Jahrelang hätte sie mit ihm über Unterhalt für die gemeinsamen Kinder streiten und ihn zu Zahlungen zwingen müssen. Geld und Karriere seien für ihn das Wichtigste, hatte sie Journalisten gesagt. Ihr Ex-Mann könne einer großen Verantwortung kaum gerecht werden.

Lauterbach sah in den Darstellungen eine rechtswidrige Verletzung seines Privatlebens. Mit der Rücknahme der Klage vor dem Bundesgerichtshof (Az.: VI ZR 543/15) hat er nun auf seine Ansprüche aus den Unterlassungstiteln verzichtet und muss die Kosten des Rechtsstreits tragen. Das Berliner Landgericht (Az.: 27 O 17/14) und das Kammergericht (Az.: 10 U 82/14) hatten dem SPD-Politiker noch recht gegeben. Lauterbach wollte sich zu seiner Entscheidung und dem Verfahren nicht äußern.

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