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Flop oder top? Das Hilfspaket für Kinder aus armen Familien kann vielseitig verwendet werden – zum Beispiel auch für Schwimmkurse.

© dpa

Bildungs- und Teilhabepaket: Bedürftige Familien schöpfen Unterstützung nicht aus

Nur langsam zeigt das Bildungs- und Teilhabepaket Wirkung: Immer mehr bedürftige Familien nehmen die ihnen angebotenen Unterstützungen in Anspruch, zum Beispiel für Schwimmkurse. Trotzdem wurde in Berlin nur etwas mehr als ein Drittel der Mittel abgerufen.

Zuschüsse fürs Mittagessen, zehn Euro für den Sportverein, finanzielle Unterstützung für die Klassenfahrt: Mithilfe des Bildungs- und Teilhabepakets wollte Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) rund 2,5 Millionen Kindern aus bedürftigen Familien in Deutschland helfen. Zwei Jahre nach dem Start des Bildungs- und Teilhabepakets geben die Kommunen längst nicht die insgesamt 1,3 Milliarden Euro aus, die der Bund zur Verfügung gestellt hat. Die Kommunen ziehen dennoch ein eher positives Fazit. „Die Inanspruchnahme ist gestiegen“, sagt Uwe Lübking, Arbeitsmarktexperte beim Deutschen Städte- und Gemeindebund. „Das Bildungspaket wird inzwischen deutlich besser genutzt“, berichtet auch seine Kollegin vom Deutschen Landkreistag, Irene Vorholz.

In Berlin wurden 2012 nach Angaben der Senatsverwaltung für Soziales von den bereitstehenden 76 Millionen Euro gut 28 Millionen Euro ausgegeben, das entspricht etwa 37 Prozent. Damit wurde nur ein Teil der Mittel ausgeschöpft. Im Vergleich zu 2011 handelt es sich aber um ein Plus, damals wurden nur 18,5 Millionen Euro ausgegeben. Ähnlich sieht die Entwicklung etwa in Nordrhein-Westfalen aus: Dort wurde 2012 doppelt so viel Geld ausgegeben wie im Jahr zuvor. In Sachsen-Anhalt wurde 2012 mit 12,5 von 29 Millionen Euro knapp die Hälfte der Mittel abgerufen, in Mecklenburg-Vorpommern waren es rund 66 Prozent.

Seit dem 1. April 2011 haben Kinder aus Hartz-IV-Haushalten und von Wohngeld-Empfängern Anspruch auf ein vom Staat subventioniertes Mittagessen in Kita oder Schule. Sie können monatlich zehn Euro Zuschuss für den Sportverein oder Musikunterricht beantragen, sowie die Erstattung der Kosten für Ausflüge und Klassenfahrten. Für versetzungsgefährdete Schüler kann Nachhilfeunterricht bezahlt werden. Mit dem Bildungspaket reagierte die Arbeitsministerin auf ein Urteil das Bundesverfassungsgerichts, das die Berechnung der Hartz-IV-Regelsätze als grundgesetzwidrig moniert hatte. Das Bildungspaket wurde Anfang 2011 in einer gemeinsamen Arbeitsgruppe von Bund und Ländern ausgearbeitet. Auf Initiative des Bundesrats soll die Verwaltung ab August vereinfacht werden.

Umstritten ist, was mit dem Geld passiert, das die Kommunen nicht ausgegeben haben. Während der Bund es zurückverlangt, wollen viele Länder es lieber vor Ort ausgeben. Oberste Prämisse müsse sein, dass das Geld bei den bedürftigen Kindern lande, sagt ein Sprecher des Schweriner Sozialministeriums: „Die Kommunen sollen sich nicht einen neuen Kreisverkehr bauen können. Aber das Geld sollte auch nicht zur Haushaltssanierung des Bundes genutzt werden.“ Kommunalvertreter Lübking regte an, dass der Bund die in den vergangenen beiden Jahren gezahlten 400 Millionen Euro für die Schulsozialarbeit zur Verfügung stellen solle. „Schulsozialarbeiter erreichen die Kinder und Jugendlichen in den Schulen besser und zielgenauer, als dies die Jobcenter oder Kommunen können.“

In welchem Umfang die Leistungen aktuell genutzt werden, will das Arbeitsministerium im April veröffentlichen. Absehbar ist: „Man wird nie alle Kinder erreichen können“, sagt Landkreistags-Expertin Vorholz. Das liege zum einen daran, dass der Bedarf vor Ort oftmals schon gedeckt sei, wenn etwa Vereine keine Mitgliedsbeiträge für bedürftige Kinder erhöben oder die Schülerbeförderung kostenfrei geleistet werde. Daneben würden bestimmte Leistungen wie die Nachhilfe nur unter sehr strengen Voraussetzungen gewährt. Es gebe aber auch nach wie vor Eltern und Kinder, die kein Interesse an den Leistungen hätten. „Bestimmte Familien erreicht man einfach nicht.“ Als „besonders unproblematisch“ bezeichnete Vorholz den Schulbedarf in Höhe von 100 Euro, etwa für die Anschaffung von Stiften und Heften. „Das ist eine Geldleistung, die einfach überwiesen wird. Sie wird von allen Eltern akzeptiert.“

Als mögliche Ursachen für die noch ausbaufähige Abfrage der Leistungen verweist das Sozialministerium in Sachsen- Anhalt darauf, dass nicht jedes Kind in einem Verein Sport treiben wolle. Oftmals seien außerdem nicht die Mitgliedschaften oder Kursgebühren die Kostentreiber, sondern die Ausstattung oder auch Fahrtkosten zur Sportstätte.

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