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Bürgerkrieg im Jemen: Einheimische Milizionäre kämpfen mit Soldaten der von Saudi-Arabien geführten Militärallianz gegen die Huthi-Rebellen.

© AFP

BND-Analyse: Bundesregierung in Sorge über Saudi-Arabien

Das saudische Königshaus stürzt sich in außenpolitische Abenteuer. Das bereitet dem Kanzleramt Kopfzerbrechen.

Von Frank Jansen

Die Politik des Herrscherhauses in Saudi-Arabien irritiert die Bundesrepublik. Ungewohnt deutlich hat jetzt der beim Kanzleramt angebundene Bundesnachrichtendienst seine Bedenken geäußert. „Die bisherige vorsichtige diplomatische Haltung der älteren Führungsmitglieder der Königsfamilie wird durch eine impulsive Interventionspolitik ersetzt“, schreibt der BND in einer öffentlich zugänglichen Analyse. Saudi-Arabien wolle mit seinem Militäreinsatz im Jemen beweisen, „dass es bereit ist, präzendenzlose militärische, finanzielle und politische Risiken einzugehen, um regionalpolitisch nicht ins Hintertreffen zu geraten“, heißt es in dem Papier. Mit anderen Worten: Die Bundesregierung sorgt sich, Saudi-Arabien lasse sich auf politische Abenteuer mit unkalkulierbaren Folgen ein, um dem Iran entgegenzutreten. Das sunnitische Königreich und die schiitische Mullah-Republik ringen schon lange, auch aus religiösen Gründen, um die Position der Hegemonialmacht in der Golf-Region. Das strahlt auch auf Länder wie Jemen aus.

Das Königreich hatte im März gemeinsam mit weiteren arabische, sunnitisch geprägten Ländern eine Militärintervention im südlichen Nachbarland gestartet, um die schiitischen Huthi-Rebellen zurückzudrängen. Das ist nur zum Teil gelungen, außerdem hat Al Qaida von dem Konflikt profitiert. Die sunnitischen Extremisten kontrollieren inzwischen gemeinsam mit verbündeten sunnitischen Stämmen große Gebiete im Süden des Landes. Die jemenitische Al-Qaida-Filiale gilt auch international als besonders gefährlich, zwei Terrorangriffe gegen die USA scheiterten nur knapp. Die Dschihadisten haben zudem offenbar im Jemen von der Militärallianz unter saudischer Führung wenig zu befürchten. Meldungen über Kämpfe zwischen den Soldaten und den militanten Islamisten gibt esbislang nicht – obwohl Saudi-Arabien vor etwas mehr als zehn Jahren mit brachialer Repression Al Qaida aus dem Königreich vertrieben hatte. Die Dschihadisten setzten sich dann im Jemen fest.

Saudi-Arabien hat auch mit den USA Probleme

Als maßgeblicher Akteur der problematischen Politik Saudi-Arabiens sieht der BND den Vizekronprinzen Muhammad bin Salman. Der Sohn des im Januar 2015 an die Macht gelangten Königs Salman gilt als besonders ehrgeizig. „Die wirtschafts- und außenpolitische Machtkonzentration auf Muhammad bin Salman birgt latent die Gefahr, dass er bei dem Versuch, sich zu Lebzeiten seines Vaters in der Thronfolge zu etablieren, überreizt“, warnt der BND. Befürchtet wird, dass der Vizekronprinz „den Unmut anderer Königshausmitglieder und der eigenen Bevölkerung auf sich zieht und darüber hinaus die Beziehungen zu befreundeten und vor allem alliierten Staaten der Region überstrapaziert“. Gleichzeitig beobachtet der BND, dass Saudi-Arabien auch mit den traditionell eng verbündeten Amerikanern Probleme hat. „Das abnehmende Vertrauen“ des Königreichs in die USA „als strategische Schutz- und Ordnungsmacht in der Region“ wird als ein ausschlaggebender Faktor der saudischen Außenpolitik bezeichnet. Diese Konstellation führt nun dazu, dass Saudi-Arabien stärker selbst aktiv wird, wie im Jemen, um den Dauerrivalen Iran aufzuhalten.

Logisch erscheint da auch, dass das Herrscherhaus im syrischen Bürgerkrieg weiterhin seine Strategie verfolgt, zum Sturz des Diktators Baschar al Assad beizutragen, der vom Iran unterstützt wird. „Als übergeordnete regionalpolitische Leitlinie soll hierdurch ebenfalls der Einfluss Irans und die Unterstützung Syriens für die Hisbollah zurückgedrängt werden“, konstatiert der BND. Die libanesische Schiitenmiliz Hisbollah kämpft an der Seite von Assad.  

Dass der Konflikt zwischen Saudi-Arabien und Iran in absehbarer Zeit enden könnte, hält der BND offenbar für kaum vorstellbar. Das Verhältnis der beiden Mächte werde durch eine „hohe, von wechselseitigem Misstrauen und religiös-ideologischer Feindschaft“ verstärkte Bedrohungswahrnehmung geprägt.

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