zum Hauptinhalt
Alexander Gauland, AfD-Chef in Brandenburg (links), und Björn Höcke, Chef der Partei in Thüringen.

© dpa

Brandenburg am Tag nach der Wahl: AfD ist stolz auf Stimmen von der Linken

Die AfD ist selbst überrascht darüber, dass sie so gut abgeschnitten hat - in Thüringen und vor allem in Brandenburg. Die Partei will nun die Parlamente in Westdeutschland erobern.

Alexander Gauland muss laut lachen. Der Pressesprecher der AfD klopft ihm auf den Rücken. „Das Vorurteil der AfD als einer Altherrenpartei ist dadurch konkterkariert worden, dass unsere Spitzenkandidaten alles andere als alte Herren sind“, hatte AfD-Chef Bernd Lucke  gerade gesagt. Als Gauland, 73, immer weiter grinst, schiebt Lucke hinterher: „Für Sie war dieser Wahlkampf doch ein Jungbrunnen.“

Die Stimmung ist betont heiter am frühen Montagmorgen im Berliner Regierungsviertel, wie sollte es auch anders sein. Lucke hat eine gewisse Routine darin entwickelt, Wahlerfolge der AfD zu analysieren. Je mehr die anderen Parteien die AfD schneiden würden, desto besser schneide die Partei am Ende ab, so sein Fazit.

Die Partei hat jetzt einen stark ostdeutschen Einschlag

Etwas ist aber doch anders, am Tag nach den beiden Wahlen in Brandenburg und Thüringen. Die Partei hat einen stark ostdeutschen Einschlag bekommen. Dort war sie schon immer stärker als in den meisten westlichen Bundesländern. Mit mehr als 30 Abgeordneten in drei Landtagen aber bekommt sie nun auch professionelle Apparate. Sie kann Innenpolitik machen, und nicht bloß im fernen Brüssel in Parlamentausschüssen sitzen.

Wahrscheinlich ist deshalb auch Hans-Olaf Henkel mitgekommen. „Als Vertreter Hamburgs“, wie Lucke sagt. Oder des Westens, wie Lucke nicht sagt. Henkel ist in Berlin-Mitte gemeldet. In Hamburg wird im nächsten Februar gewählt. Henkel soll den dortigen Landeschef vertreten, einen Professor, der gerade auf Forschungsreise in den USA sei. Hamburg werde ein „dankbares Pflaster“ für die AfD sein, sagt Henkel, „spezielle Themen“ werde es dort geben, er nennt die Elbphilharmonie und die Olympia-Bewerbung.

Ansonsten aber geht es sehr stark um ostdeutsche Bezüge. Warum die AfD denn für Wähler der Linken so attraktiv sei. Oder welche Rolle das Russland-Thema gespielt habe. Lucke sagt, dass die AfD von ihren Wählern vor allem wegen ihrer Inhalte gewählt worden sei. Das Rechts-Links-Denken passe nicht zu ihr. Er lässt Datenblätter verteilen, die das belegen sollen. „Das Protestwählerpotenzial liegt nur bei einem Viertel unserer Wählerschaft.“ Das spreche dafür, dass die AfD langfristig erfolgreich sein werde, es gehe nicht „um temporären Protest“. Tatsächlich ist die AfD nach Analysen von Meinungsforschern nahezu gleichmäßig aus allen Alters- und Berufsgruppen heraus gewählt worden. Nur bei Rentnern schnitt sie deutlich schlechter als im Durchschnitt ab.

Gauland sagt, der AfD-Erfolg in Brandenburg habe viel mit innerer Sicherheit und der Flüchtlingspolitik zu tun gehabt. „Die Leute beklagen sich, dass Themen tabuisiert werden. Sie wollen aber von den Politikern eine Antwort auf die Frage haben: Wer passt zu uns, und wer nicht?“ Dann spricht er mit einem Grinsen im Gesicht darüber, dass man ihn ja nun auch einen „Linksextremisten“ nennen könne - weil er Wähler der Linken angesprochen habe.

Besonders stolz auf Stimmen von Ex-Wählern der Linkspartei

Tatsächlich hatte die AfD-Bundesspitze die Chancen in Brandenburg noch vor einigen Wochen als nicht besonders groß eingeschätzt, weil das Land als links geprägt gilt. Nun sagt Gauland: „Wir sind in Brandenburg besonders stolz, dass wir viele Wähler von den Linken bekommen haben, die wir im Grunde genommen klein gemacht haben. Das nutzt auch Herrn Woidke, das will ich gerne zugeben.“

Gauland berichtet von einem Erlebnis im Wahlkampf. Da habe er sich mit Mitgliedern der Gewerkschaft der Polizei getroffen. Die seien alle auch Mitglieder der Linkspartei gewesen, ehemalige Volkspolizisten – „geschlossen“. „Die Atmosphäre war hervorragend, wir haben uns im vielem gut verstanden.“ Denn der Vorwurf habe gelautet: „Da geschieht ja nichts, die machen nichts, unsere Partei hat uns in der Regierung verlassen.“

Gauland sagt, er fürchte das Entstehen einer intoleranten Gesellschaft

Zum Ende der Pressekonferenz wird Gauland gefragt, ob er nicht Angst gehabt habe, im Wahlkampf fremdenfeindliche Ressentiments zu verstärken – er, der als konservativer Intellektueller gilt. Der Publizist hatte im Zusammenhang mit einer geplanten Flüchtlingsunterkunft in Südbrandenburg von „Asylbewerber-Ghettos“ gesprochen, nun sagt er, es sei ihm um Transparenz gegangen. Dann spricht er davon, dass man das Entstehen von „Parallelkulturen“ verhindern müsse. Seine Sorge sei, dass die „Hilfsbereitschaft der Bevölkerung“ nachlasse. Man müsse zwischen Menschen unterscheiden, die nur wegen wirtschaftlicher Möglichkeiten nach Deutschland kommen und jenen, die „wirklich verfolgt“ seien. „Irgendwann wird das umkippen. Wir werden eine intolerante Gesellschaft bekommen, wenn wir nicht in der Lage sind, die Menschen, die nicht zu uns gehören, auch abzuschieben“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false