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Die britische Botschaft in Berlin liegt direkt hinter dem Hotel Adlon. Was sich unter der Konstruktion auf dem Dach verbirgt, ist unklar.

© dpa

Update

Britische Botschaft: Spionagevorwürfe: Westerwelle lädt britischen Botschafter ein

Der britische Botschafter Simon McDonald wurde von Außenminister Guido Westerwelle ins Auswärtige Amt gebeten. Wie die Zeitung "Independent" unter Berufung auf NSA-Dokumente berichtet, soll Großbritannien in seiner Botschaft in Berlin eine eigene Abhörstation betreiben, dazu soll McDonald nun Stellung beziehen.

Bundesaußenminister Guido Westerwelle hat den britischen Botschafter Simon McDonald zum Gespräch ins Auswärtige Amt eingeladen. Grund dafür sind Berichte des britischen "Independent", wonach die britische Botschaft in Berlin - Luftlinie etwa 150 Meter entfernt von der US-Botschaft - einen eigenen Horchposten in der deutschen Hauptstadt betreibe. Die Zeitung beruft sich dabei auf Dokumente des früheren NSA-Mitarbeiters Edward Snowden sowie Luftaufnahmen der Botschaft. Demnach lässt sich eine entsprechende Anlage auf dem Dach der Botschaft erkennen. McDonald sei darauf hingewiesen worden, “dass das Abhören von Kommunikation aus den Räumlichkeiten einer diplomatischen Mission ein völkerrechtswidriges Handeln wäre“.

Deutsche Innenpolitiker fordern nun Konsequenzen aus den neuen Vorwürfen. Erst vor rund einer Woche berichtete der "Spiegel" ebenfalls unter Berufung auf NSA-Dokumente von einer ähnlichen Abhöreinrichtung auf dem Dach der US-Botschaft. Inzwischen wird darüber spekuliert, ob diese Anlage im Zuge der diplomatischen Verwerfungen wegen der Affäre um das Handy der Kanzlerin abgebaut worden ist.

Bosbach will "No Spy"-Abkommen mit London

Der "Independent" macht sich jetzt Gedanken über die deutsch-britischen Beziehungen angesichts der Enthüllungen über den Geheimdienst GCHQ. Der Grünen-Europaabgeordnete Jan Albrecht sagte dem "Independent": "Wenn der GCHQ tatsächlich eine Abhörstation auf dem Dach der Botschaft installiert hat, dann richtet sich die Abhöraktion eindeutig auf Politiker und Journalisten. Stellen diese Leute tatsächlich ein Bedrohung dar?"

Wolfgang Bosbach, Innenexperte der CDU, fordert ein wirksames "No Spy"-Abkommen mit den Briten. "Spätestens seit Bekanntwerden des Programms Tempora weiß man, in welchem Umfang auch die Briten Daten ausspähen. Die neuesten Entwicklungen zeigen, dass man auch mit Großbritannien ein "No Spy"-Abkommen schließen sollte", sagte Bosbach dem Tagesspiegel. Entscheidend sei dabei die Einhaltung der wechselseitigen Zusagen und die Nachprüfbarkeit der Verpflichtungen. "Es ist zwar bedauerlich, dass solche Verträge unter Partnern überhaupt notwendig sind, aber eine Komplettausspähung ist völlig inakzeptabel und da muss man handeln", sagte Bosbach.

Die britische Regierung äußert sich nicht

Sein CSU-Kollege Hans-Peter Uhl ist "No Spy"-Abkommen gegenüber skeptisch. "Man kann viele Verträge mit Verbündeten abschließen, auch mit Großbritannien, was die wirklich Wert sind ist aber ungewiss", sagte er. Man dürfe nicht nur juristische und politische Antworten suchen, sondern vor allem technische. "Ziel muss sein, deutsche Technik zum Schutz unserer Daten zu entwickeln", so Uhl. Eine perfekte Lösung werde es ohnehin nicht geben. "Aber wir müssen es allen Spionen, egal woher sie kommen schwerer machen als sie es bisher haben."

Die britische Regierung gibt sich zu den Vorwürfen bisher zugeknöpft: "Wir kommentieren keine Geheimdiensttätigkeiten", so ein Sprecher von Premier David Cameron. Erst Ende Oktober hatte sich Cameron auf dem EU-Gipfel in Brüssel einer Stellungnahme der anderen 27 europäischen Staats- und Regierungschefs angeschlossen. Darin hatten diese ihr Missfallen über das Abhören von Angela Merkels Handy durch die NSA zum Ausdruck gebracht.

Bilder zeigen eine zeltähnliche Struktur auf dem Dach

Wie offenbar aus einem NSA-Dokument hervorgeht, das dem "Independent" vorliegt, soll Washington zuletzt mehrere von rund 100 Abhörstationen geschlossen haben, die der US-Geheimdienst in amerikanischen Botschaften weltweit betreibt. Einige der von den so genannten SCS-Einheiten aus NSA und CIA vorgenommenen Abhöraktionen sollen demnach dem britischen GCHQ übertragen worden sein. Im Jahr 2010, heißt es, waren in Europa mindestens 19 solcher SCS-Einheiten aktiv, darunter auch in Berlin und Frankfurt. Die Aufgaben dieser Agenten sollen demnach sogar der Mehrheit der eigenen Botschaftskollegen nicht bekannt sein.

Luftaufnahmen der britischen Botschaft in Berlin zeigen eine weiße, zeltähnliche Struktur, die von der Straße aus nicht gesehen werden kann. Dort, so die Vermutung, könnte die technische Abhöranlage untergebracht sein. Diese Struktur befindet sich offenbar schon seit der Eröffnung der Botschaft im Jahr 2000 an diesem Platz.

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