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Schon lange kämpfen syrische Regierungstruppen und Rebellen (Bild) um die Kontrolle über Aleppo.

© REUTERS

Bürgerkrieg in Syrien: Kampf um Aleppo droht Flüchtlingszahl dramatisch zu erhöhen

In der syrischen Metropole Aleppo steht offenbar eine Entscheidungsschlacht bevor. Die Türkei warnt, die Zahl der Flüchtlinge könne "apokalyptische Ausmaße" annehmen.

Schon lange kämpfen syrische Regierungstruppen und Rebellen um die Kontrolle über die Wirtschaftsmetropole Aleppo, die rund 60 Kilometer südlich der türkischen Grenze liegt. Jetzt ist es der Armee mit russischer Unterstützung offenbar gelungen, den wichtigsten Versorgungsweg der Rebellen aus Aleppo Richtung Norden in die Türkei zu kappen. Der Vormarsch der syrischen Regierungstruppen könnte die Lage in ganz Nord-Syrien verändern - und die Flüchtlingskrise in Europa verschärfen: Die Türkei befürchtet einen zusätzlichen Anstieg von Schutzsuchenden aus der Gegend, und auch in Diplomatenkreisen wird gewarnt, dass die Zahl neuer Flüchtlinge aus Syrien "apokalyptische Ausmaße" annehmen könnte.

Syriens Armee und verbündete Milizen rückten unter Unterstützung durch russische Luftangriffe in die Ortschaften Nubul und Zahras nördlich von Aleppo vor.

Eine Einkesselung Aleppos durch Assads Truppen steht offenbar unmittelbar bevor

Damit sei die Verbindung zwischen den in Aleppo kämpfenden Rebellen und der nahen Türkei unterbrochen worden, während die völlige Einkreisung Aleppos unmittelbar bevorstehe, sagten syrische Militärs mehreren Nachrichtenagenturen.

Der Erfolg für Damaskus könnte das Kräfteverhältnis der Konfliktparteien im Norden Syriens kippen lassen – mit potenziell weit reichenden Folgen. Die Straße nach Aleppo sei die einzige Nabelschnur für die vom Westen unterstützte Freie Syrische Armee (FSA), sagte Osama Abu Zyad, ein Anwalt und FSA-Mitglied, dem Sender Al Dschasira. Es gebe keine andere Verbindung für die FSA, die von syrischen Truppen, dem "Islamischen Staat" (IS) und der kurdischen YPG-Miliz bedrängt werde.

Unterbrechung des Nachschubs schwerer Schlag für Rebellen

Der Vertreter einer anderen Rebellengruppe sagte der türkischen Zeitung "Yeni Safak", die Unterbrechung des Nachschubweges aus der Türkei sei "ein schwerer Schlag". Auch für die Türkei, die im Syrien-Krieg die Gegner von Präsident Baschar al Assad unterstützt, ist die Entwicklung ein Alarmzeichen. Die Regierung in Ankara hatte bisher auf eine Stärkung der FSA und anderer Rebellengruppen in der Gegend gehofft, auch um auf diese Weise einen weiteren Vormarsch kurdischer Milizen stoppen zu können. Die Türkei wirft den syrischen Kurden vor, sie wollten entlang der türkischen Grenze ihren eigenen Staat gründen.

Möglich wurde der Vormarsch der Regierungstruppen durch massive russische Luftschläge; "Yeni Safak" zufolge war der Vorstoß durch eine einwöchige Serie von Luftangriffen vorbereitet worden. Frankreich warf Syrien und Russland vor, Aleppo "einkreisen und ersticken" zu wollen. Die fortgesetzten Kämpfe in der Region waren einer der Gründe für die Unterbrechung der Syrien-Friedensgespräche in Genf.

Bereits jetzt leben 2,5 Millionen Flüchtlinge aus Syrien in der Türkei

In Aleppo könnte jetzt eine Entscheidungsschlacht bevorstehen. Erst vor wenigen Tagen hatte die Nusra-Front, der syrische Ableger von Al Qaida, hunderte Kämpfer und Waffen in die Stadt gebracht. Eine Belagerung der Großstadt, in der Regimegegner Teile des Zentrums kontrollieren, könnte eine Massenflucht in die nahe Türkei auslösen, in der bereits 2,5 Millionen Flüchtlinge aus Syrien Zuflucht gefunden haben. Die türkische Regierung erwartet mehr als eine Million zusätzliche Flüchtlinge, wenn Aleppo von syrischen Regierungstruppen erobert werden sollte. Diese Befürchtung wird von westlichen Diplomaten geteilt.

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