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Der Nachfolger von Bundespräsident Joachim Gauck soll am 12. Februar gewählt werden.

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Bundespräsidenten-Wahl: Union und SPD suchen parteilosen Polit-Profi für Bellevue

Union und SPD wollen gemeinsam einen Nachfolger für Joachim Gauck suchen - und zwar "möglichst unaufgeregt". Einer hat schon abgesagt.

Von Robert Birnbaum

Bei der Suche nach einem Bundespräsidenten-Kandidaten zeichnet sich ein Trend zur überparteilichen Lösung ab. Sowohl die drei Parteichefs der großen Koalition als auch Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt und der thüringische Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linkspartei) favorisieren im Moment für die Nachfolge von Joachim Gauck eine Persönlichkeit, von deren Wahl kein Signal für eine Lagerbildung nach der Bundestagswahl ausgehen würde. Damit scheiden prominente Anwärter wie Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) oder der grüne Ministerpräsident von Baden-Württemberg, Winfried Kretschmann, vorerst aus dem Rennen hinter den Kulissen aus. Aber auch denkbare Vorreiter einer rot-rot-grünen Bundesregierung hätten dann im ersten Anlauf keine Chance.

Bewegung in die Kandidatensuche hat ein Gespräch der drei Parteichefs Angela Merkel (CDU), Horst Seehofer (CSU) und Sigmar Gabriel (SPD) vor zwei Wochen gebracht. Das Trio war sich, wie zuerst der "Spiegel" vermeldete, darüber einig, dass man als Regierungskoalition mit einem gemeinsamen Bewerber oder einer Bewerberin in die Wahl am 12. Februar gehen will. Die Sache solle "möglichst unaufgeregt" vonstatten gehen, bestätigt ein Eingeweihter.

Niemand will AfD oder FDP als Königsmacher

Dahinter steckt nicht nur das Bemühen, die Präsidentenwahl nicht zum vorzeitigen Wahlkampfstart werden zu lassen, sondern auch schlichte Mathematik. Von den 1260 Mitgliedern des Wahlgremiums stellt die Union absehbar 542 oder 543 Stimmen. SPD, Grüne und Linke liegen zusammen mit 625 bis 628 Stimmen knapp unter der absoluten Mehrheit. Beide Seiten wären also in den ersten zwei Wahlgängen auf weitere Stimmen angewiesen – also vorrangig die Wahlmänner und -frauen von AfD und FDP in Frage kommen. Aber niemand hat Lust auf solche Königsmacher.

Daher lautet die Ideal-Stellenbeschreibung der Großkoalitionäre "parteifrei, gesellschaftlich anerkannt, dem Geschäft gewachsen", wie ein Eingeweihter formuliert. Besonders der dritte Punkt ist allen drei Parteichefs wichtig: "Es muss jemand werden, der den Druck im politischen Kessel erträgt." Zu lebendig ist noch die Erinnerung an Horst Köhler, der das höchste Staatsamt hinwarf, weil er sich erst falsch verstanden, dann fälschlich attackiert und zuletzt von den Aktiven nicht gebührend in Schutz genommen sah. Seit damals ist der politische Grundton noch viel rauer geworden, eine Folge der Flüchtlingsdebatte und der im Schlepptau erstarkten AfD.

Das Kessel-Kriterium engt das Bewerberfeld aber stark ein. Es ist ohnehin überschaubar, zumal wenn man die Liste der Adjektive ernst nimmt, die Ramelow nennt: "eine kluge, weltoffene, moderne und konservative Persönlichkeit". Ein denkbarer Anwärter, Verfassungsgerichtspräsident Andreas Voßkuhle, hat laut "Spiegel" abgesagt. Diesmal war Gabriel auf den SPD-nahen Juristen zugegangen, nachdem sich Merkel bei der letzten Präsidentenwahl vergeblich um Voßkuhle bemüht hatte. Beim Treffen der drei Parteichefs sind offenbar keine konkreten Namen genannt worden. Hinweise auf Wolfgang Huber, evangelischer Altbischof, oder Ex-Verfassungsrichterin Christine Hohmann-Dennhardt bleiben Spekulation.

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