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Im Aufenthaltsraum in Illkirch hängt am 03.05.2017 eine Maschinenpistole vom Typ MP 40, die bei der Deutschen Wehrmacht eingesetzt wurde.

© dpa

Update

Bundeswehr-Skandal: Haftbefehl gegen mutmaßlichen Komplizen von Franco A.

Im Skandal um rechtsextreme Umtriebe bei der Bundeswehr wurde ein dritter Verdächtiger aus Baden-Württemberg festgenommen. In Köln haben unterdessen Linken-Politiker einen Offizier des Militärischen Abschirmdienstes angezeigt.

Im Zusammenhang mit dem Fall Franco A. ist Haftbefehl gegen einen weiteren Bundeswehrsoldaten erlassen worden. Demnach handelt es sich um einen 27-Jährigen, dessen Name mit Maximilian T. angegeben wurde. Er soll im baden-württembergischen Kehl festgenommen worden sein. Er gelte als möglicher Komplize von Franco A. Es bestehe der Verdacht, dass T. "aus einer rechtsextremistischen Gesinnung heraus" eine schwere staatsgefährdende Gewalttat vorbereitet habe. "Spiegel Online" berichtete zuerst über die Festnahme.

Der nun festgenommene T. ist demnach ein enger Freund von Franco A., beide Soldaten waren in der zweiten Kompanie des Jägerbataillons 291. Am Dienstagmorgen befragte ihn der Militärische Abschirmdienst (MAD) in Kehl. Direkt im Anschluss nahmen Fahnder der Bundesanwaltschaft ihn fest. Am Nachmittag ordnete ein Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs Untersuchungshaft an.

Für die Behörden gilt Maximilian T. neben dem bereits festgenommenen Studenten Matthias F. aus Offenbach nach "Spiegel"-Informationen als mutmaßliche "Nummer 3" der vermuteten extremistischen Gruppe. So soll er Franco A. geholfen haben, seine Tarnidentität als syrischer Flüchtling aufrechtzuerhalten.

Opfer in Kategorien erfasst

Der Kreis um den terrorverdächtigen Oberleutnant Franco A. hat Prominente und Politiker als mögliche Anschlagsopfer auf einer Todesliste nach Kategorien angeordnet. „Die Beschuldigten hatten ihre möglichen Anschlagsopfer in einer Liste unter verschiedenen Kategorien erfasst - konkret den Kategorien A, B, C und D“, sagte eine Sprecherin der Bundesanwaltschaft am Dienstag in Karlsruhe. Als Kategorie A seien unter anderem Justizminister Heiko Maas (SPD) und Ex-Bundespräsident Joachim Gauck aufgeführt worden. Was es genau mit der kategorisierten Liste auf sich hatte, war zunächst unklar.

Die SPD hat nach der Festnahme des zweiten mutmaßlich rechtsextremen Bundeswehrsoldaten scharfe Kritik an Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) geübt. "Das ist eine Riesen-Blamage" für die Ministerin, erklärte Fraktionschef Thomas Oppermann am Dienstag in Berlin. "Nach der Festnahme eines mutmaßlichen Komplizen von Franco A. müssen wir davon ausgehen, dass sich eine Terrorzelle innerhalb der Bundeswehr gebildet hat." Offensichtlich habe sich jahrelang unbemerkt eine rechtsextreme Gruppe etablieren können, "die Anschläge plant und Todeslisten führt", so Oppermann. Jetzt gehe es darum, "vollständig aufzuklären und weiteren Schaden für die Bundeswehr zu verhindern". Der SPD-Politiker forderte die Ministerin auf, "den von ihr bisher total vernachlässigten Bereich der inneren Führung" so zu organisieren, dass solche Fälle ausgeschlossen seien.

Ermittlungen gegen Vorgesetzte

Oberleutnant Franco A. (28) hatte ein bizarres Doppelleben als falscher Flüchtling geführt und womöglich einen Anschlag geplant. Auf einer Liste möglicher Anschlagsziele stand auch Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow. Weitere prominente Namen auf der Liste sollen Ex-Bundespräsident Joachim Gauck und Justizminister Heiko Maas (SPD) sein. Die Ermittlungen zum Fall Franco A. sollen klären, ob es zu Dienstvergehen im Umgang mit dem rechtsextremen Soldaten kam. Sie richteten sich gegen das Streitkräfteamt und gegen den Disziplinarvorgesetzten von Franco A. in Frankreich.

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) überprüft nach dem Auffliegen des als Flüchtling getarnten Bundeswehrsoldaten Franco A. 2000 Asylverfahren. Damit soll nach Angaben des Bundesinnenministeriums geklärt werden, ob es möglicherweise systematische Mängel im Umgang mit Asylanträgen gibt.

General: "Wir sind kein Hort von Rechtsextremen"

Trotz der jüngsten Affären hat die Bundeswehr nach Überzeugung eines ihrer wichtigsten Generäle kein größeres Problem mit dem Rechtsradikalismus als die Gesellschaft insgesamt. „Wir sind kein Hort von Rechtsextremen und Rechtsradikalen“, sagte der Befehlshaber des Multinationalen Kommandos Operative Führung in Ulm, Generalleutnant Richard Roßmanith, am Dienstag - unabhängig von der jüngsten Entwicklung im Fall Franco A.

„Es gibt, wie in der Gesellschaft auch, eine bestimmte Anzahl von Menschen, die eine solche Prägung haben“, sagte er am Rande einer internationalen Konferenz von Militärpsychologen in Ulm. Das dürfe nicht einfach hingenommen werden. Jeder Rechtsradikale in der Truppe sei „einer zu viel“, betonte Roßmanith. „Natürlich stehen wir - übrigens zusammen mit der Polizei, die vergleichbare Herausforderungen hat - in einem besonderen Fokus und haben eine besondere Verpflichtung."

Anzeige gegen Bundeswehr-Offizier

Ein Bundeswehr-Offizier und AfD-Kommunalpolitiker steht derweil im Verdacht, verbotene NS-Parolen verbreitet zu haben. Am Montag ging bei der Staatsanwaltschaft Köln eine Anzeige wegen Volksverhetzung gegen den Kölner AfD-Ratsherrn Hendrik Rottmann ein, der Hauptmann beim Militärischen Abschirmdienst (MAD) sein soll. Darüber berichten der WDR und der "Kölner Stadtanzeiger".

Zwei Politiker der Linkspartei werfen Rottmann demnach vor, über Twitter die verbotene Losung „Deutschland erwache“ der nationalsozialistischen Organisation SA versandt zu haben. Der Bundestagsabgeordnete Matthias Birkwald und der Kölner Ratsherr Jörg Detjen wandten sich den Berichten zufolge zudem mit einer Dienstaufsichtsbeschwerde an Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU).

Durchsuchungen sämtlicher Kasernen

Im Kampf gegen rechtsextremistische Umtriebe bei der Bundeswehr ist die Durchsuchung sämtlicher Kasernen nun in vollem Gange. Das Verteidigungsministerium habe am Dienstag Rückmeldung erhalten, dass die Weisung in allen Dienststellen umgesetzt werde, sagte ein Sprecher der Deutschen Presse-Agentur. Alle Kasernen werden nach Andenken an die Wehrmacht - etwa Stahlhelme oder Gewehre - durchsucht. Generalinspekteur Volker Wieker hatte die Aktion am Freitag angeordnet. Sie soll bis zum 16. Mai abgeschlossen sein. (Tsp, AFP, dpa)

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