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Begegnung vor Ort: Bundespräsident Joachim Gauck und seine Lebensgefährtin Daniela Schadt besuchen im Dezember ein Lager für syrische Flüchtlinge in Jordanien.

© dpa

Der Bundespräsident zur Flüchtlingskrise: "Wenn ihr protestieren wollt, dann achtet die Regeln!"

Europa könnte in der Flüchtlingskrise zerbrechen, fürchtet Joachim Gauck. Er appelliert auch an die Bürger, das Recht zu respektieren.

Von Hans Monath

Bundespräsident Joachim Gauck hat die Bundesregierung indirekt aufgefordert, bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise neue Wege zu gehen und nicht nur auf eine umfassende europäische Lösungen zu setzen. Man könne Länder kritisieren, die zum Schutz ihrer Interessen ohne EU-Beschlüsse gemeinsam den Zuzug von Flüchtlingen begrenzen oder aufhalten wollten, sagte Gauck am Freitag bei einer Diskussionsveranstaltung zur europäischen Flüchtlingspolitik im Schloss Bellevue. "Aber es ist auch nicht undenkbar, dass sich europäische und regionale Lösungen ergänzen können", fügte er hinzu. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) setzt bei der Begrenzung der Zuzugszahlen bislang ausschließlich auf eine europäische Lösung und lehnt nationale Alleingänge ab.

"Es darf doch nicht sein, dass sich die EU selbst demontiert"

Gauck argumentierte, ein Nebeneinander von europäischen und regionalen Lösungen könne den Zusammenhalt in Europa bewahren. Auf diese Weise könne eine Kompromisslösung entstehen, die Deutschen oder anderen Europäern unbefriedigend erscheine. "Aber wir würden doch wenigstens beieinander bleiben", sagte das Staatsoberhaupt. Der Präsident zeichnete ein dramatisches Bild Europas in der Flüchtlingskrise und mahnte alle Mitgliedsländer zur Verständigungs- und Kompromissbereitschaft. "Es darf doch nicht sein, dass die Europäische Union sich selbst demontiert und das Einigungswerk von Jahrzehnten an der Flüchtlingsfrage zerbricht", warnte er.

Eindringlich rief Gauck dazu auf, bei Protesten gegen eine vermeintliche Überfremdung das Recht zu respektieren. "Richtet Eure Unzufriedenheit und Eure Wut nicht gegen jene, die viel schwächer und verletzlicher sind, als ihr es seid! Isoliert die Hetzer, Brandstifter und Gewalttäter. Wenn ihr protestieren wollt, dann achtet die Regeln!"

Weiter sagte er: "Werdet meinetwegen laut gegenüber Euren Bürgermeistern, Abgeordneten, Ministern, aber hört dann auch zu, was sie Euch zu sagen haben." Fremdenfeindliche Propaganda und Politik ist nach Meinung des Präsidenten nicht mit den europäischen Grundwerten vereinbar. Solche Einstellungen würden "nicht den humanistischen und rechtlichen Grundlagen" der EU entsprechen.

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