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Partnerprogramm mit NPD: Politiker drohen Amazon mit Boykott

Das US-amerikanische Internet-Versandhaus Amazon führt eine Homepage der NPD in einem "Partnerprogramm", das der rechtsextremen Partei einen stetigen Geldzufluss bietet. Politiker von SPD, Grünen und Linkspartei drohen dem Internet-Versandhaus nun mit Boykott.

Von Frank Jansen

Die NPD steckt im Finanzchaos und sucht verzweifelt nach neuen Geldquellen. Da darf man nicht wählerisch sein, und so wurde die Partei fündig beim sonst so geschmähten US-amerikanischen Kapitalismus: Das Internet-Versandhaus Amazon führt die Homepage des Kreisverbands Barnim-Uckermark der rechtsextremen Partei in einem „Partnerprogramm“, das der NPD einen stetigen Zufluss von Einnahmen bietet. Auf der Homepage „Nationales Netztagebuch“ ist eine Rubrik unter dem Titel „Kaufen & Helfen“ eingerichtet, die mit Amazon.de verlinkt ist. Geworben wird in der Rubrik für einschlägige Literatur zu „Judenfragen“ und zu Rudolf Heß, die über Amazon zum Kauf angeboten wird. Die NPD verdient einige Prozente mit, wenn ein Käufer über den Link zu Amazon gelangt und sich dann mit rechtem Lesestoff eindeckt. Und nicht nur das: Es fließt auch Geld in die Kasse der Partei, wenn über den Link der Kauf eines anderen, unverdächtigen Produkts zustande kommt. Die NPD freut sich: In der Rubrik steht „Vielen Dank dafür“.

Die seltsame Geschäftsbeziehung hat der Brandenburger Verfassungsschutz entdeckt. „Amazon nennt das Werbekostenerstattung“, schreibt der Nachrichtendienst auf seiner Homepage, „andere könnten das eine wirtschaftliche Partnerschaft mit verfassungsfeindlichen Extremisten nennen“. Auch der Berliner Verfassungsschutz hält die Partnerschaft zwischen Amazon und der NPD für „absolut problematisch“. Härtere Worte noch sind in allen demokratischen Parteien zu hören – bis hin zur Drohung mit einem Aufruf zum Boykott von Amazon. Es sei „unmöglich“, dass sich der Internetkonzern mit Rechtsextremisten einlasse, sagt der Präsident des Abgeordnetenhauses, Walter Momper (SPD). Und er droht, „wenn Amazon die Partnerschaft mit der NPD nicht kündigt, muss man die Firma boykottieren“. Nahezu wortgleich äußert sich der Chef der Grünenfraktion, Volker Ratzmann. Außerdem müsse Amazon „sein Sortiment auf rechtsextremes Material durchforsten und das sofort rausschmeißen“.

Das sieht Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau (Linke) genauso. Und sie erwartet, „dass Amazon auf der Stelle die Geschäftsbeziehung zur NPD beendet“. Sollte das nicht passieren, will Pau „alle Demokraten aufrufen, nicht mehr bei Amazon zu kaufen“. Solange Amazon die Partnerschaft mit der NPD nicht beende, „werde ich bei Amazon nicht kaufen“, sagt der Chef der Berliner FDP, Markus Löning. Der Fraktions- und Landesvorsitzende der Berliner CDU, Frank Henkel, hofft auf Einsicht bei Amazon: „Wenn die Firma sich und ihre Geschäftsbedingungen ernst nimmt, sollte sie den Vertrag umgehend kündigen“.

Amazon prüft Partnerprogramm

In den „Teilnahmebedingungen“ des Partnerprogramms von Amazon.de steht, das Unternehmen sei jederzeit berechtigt, eine Anmeldung zurückzuweisen, „wenn wir nach unserem eigenen Ermessen feststellen, dass die Partner-Website sich nicht für die Teilnahme am Amazon.de Partnerprogramm eignet“. Als Kriterien werden unter anderem „diskriminierende Inhalte, basierend auf Rasse, Geschlecht, Religion, Nationalität, Invalidität, sexueller Orientierung oder Alter“ genannt. Rassistische Diskriminierung findet sich auf der Website „Nationales Netztagebuch“ schnell: Unter der Überschrift „Einwanderungswahnsinn – gab es das wirklich schon immer?“ verkündet die NPD-Pressestelle, „kulturell und ethnisch Fremden“ sei „niemals eine Einbürgerung zu gestatten“.

Amazon selbst reagiert auf eine Anfrage des Tagesspiegels so: „Wir prüfen derzeit die Einhaltung der Teilnahmebedingungen unseres Partnerprogramms durch die Website und werden nach Abschluss der Prüfung adäquate Maßnahmen treffen“. Im Mai hatte die Firma dem Brandenburger Verfassungsschutz mitgeteilt, sollte „ein offizielles Verbot“ zu den im „Nationalen Netztagebuch“ beworbenen Artikeln „oder zu der Seite selbst geschehen, werden wir diese selbstverständlich umgehend aus dem Angebot beziehungsweise aus dem Partnerprogramm entfernen“. So geschah nichts. Und auf die Frage des Tagesspiegels, warum Amazon überhaupt rechtsextremistische Schriften anbietet, antwortet die Firma, sie übernehme „stets die Einschätzung“ von Gerichten, Staatsanwaltschaften und der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien. Ansonsten nehme man „bei der Beantwortung der Frage, ob ein Produkt vertrieben werden sollte, keine eigene Wertung vor“.

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