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Auf der Flucht. Tausende verlassen nach heftigen Kämpfen Abidjan. Foto: Reuters

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Politik: Die letzte Frist

Zwei Präsidenten stürzen die Elfenbeinküste in einen neuen Krieg

Berlin - Am Montag läuft die letzte Frist ab, die sich die Afrikanische Union (AU) gegeben hat, um die Krise in der Elfenbeinküste zu lösen. Fünf Staatschefs unter der Leitung des mauretanischen Präsidenten Mohamed Ould Abdelaziz sollten eine Lösung für die verfahrene Lage in dem westafrikanischen Land finden. Seit der umstrittenen Präsidentenwahl Ende November gibt es einen international anerkannten Wahlsieger, Alassane Ouattara, und einen abgewählten Präsidenten, Laurent Gbagbo, der nicht abtritt. Die fünf Präsidenten, unter ihnen Jacob Zuma aus Südafrika, haben keinen Kompromiss gefunden, im Gegenteil. Die Elfenbeinküste ist auf dem Weg in den nächsten Bürgerkrieg.

Vor zwei Tagen ist der sechs Jahre alte Waffenstillstand zwischen den Rebellen im Norden des Landes, den Force Nouvelles, und der Regierungsarmee erstmals gebrochen worden. Seither ist eine Stadt im Süden der Elfenbeinküste an die Rebellen gefallen. Die Rebellen stützten Ouattara, ihr ehemaliger Chef ist Guillaume Soro, derzeit Ouattaras Premierminister. Die Jugendmilizen, die neben der Armee zu Gbagbo stehen, haben Gegenangriffe angekündigt. Außerdem haben die Milizen unter der Führung von Charles Ble Goude damit begonnen, Anhänger Ouattaras in einem Stadtviertel der Küstenstadt Abidjan zu ermorden und Frauen zu vergewaltigen. Deshalb flüchten die Menschen aus dem Stadtteil Abobo seit Tagen mit Sack und Pack aus der Stadt. Nach Angaben des UN-Flüchtlingskommissariats (UNHCR) flohen wegen der Kämpfe innerhalb von 24 Stunden etwa 5000 Menschen ins benachbarte Liberia. Damit stieg die Zahl der seit Beginn des Machtkampfes nach Liberia geflohenen Ivorer auf knapp 45 000.

Charles Ble Goude bedroht mit seinen Reden vor stets tausenden Anhängern nicht nur die Anhänger Ouattaras sondern auch die Blauhelme der rund 11 000 Mann starken Friedenstruppe der Vereinten Nationen (Unoci). Diese Truppe schützt seit der Wahl vor allem Ouattara und seine „Regierung“ in einem Golfhotel an der Lagune der Küstenstadt Abidjan. UN-Generalsekretär Ban verurteilte die Drohungen gegen die UN-Friedenstruppe. Zugleich warnte er vor einem Bürgerkrieg. „Diese Entwicklungen stellen eine beunruhigende Eskalation der Gewalt dar, die das Land näher an einen erneuten Bürgerkrieg bringt“, sagte Ban. Seit Beginn des Machtkampfes kamen nach Angaben der Unoci mindestens 315 Menschen ums Leben.

Die AU, aber auch das westafrikanische Regionalbündnis Ecowas haben direkt nach der Wahl in der Elfenbeinküste klar Position bezogen. Nach Angaben aller Wahlbeobachtungsmissionen hat Ouattara so eindeutig gewonnen, dass es wenig Spielraum gab, zu beiden Lagern Abstand zu halten. Allerdings war damit eine „Verhandlungslösung“ oder eine „Machtteilung“, wie sie Jacob Zuma und auch sein Vorgänger Thabo Mbeki, der als erster Vermittler direkt nach der Wahl nach Abidjan geschickt worden war, anstrebten, nahezu unmöglich geworden. Ouattaras Sprecherin Maitre Bamba Affoussy sagte dem britischen Thinktank Chatham House vor wenigen Tagen: „Eine Militärintervention ist die einzige Lösung. Alle Wege zu einer friedlichen Lösung sind erschöpft.“ Tatsächlich hatte Ecowas ziemlich schnell eine Militärintervention als „letzte Möglichkeit“ angedroht, dann allerdings keinerlei Vorbereitungen dafür geleistet. In Nigeria, das Ecowas derzeit vorsitzt, finden im April Wahlen statt.

Gbagbo und Ouattara sind nicht nur politische Rivalen. Sie sind sich auch persönlich spinnefeind. Ouattara ließ Gbagbo ins Gefängnis sperren, als er Premierminister der Elfenbeinküste war. Gbagbo verhinderte mindestens ein Mal, dass Ouattara als Präsidentschaftskandidat antreten konnte, weil dessen Mutter aus Burkina Faso stammt und Ouattara vorgeworfen wurde, kein „richtiger Ivorer“ zu sein. Beide verbindet nur eines: Sie wollen an die Macht. Beiden scheint es gleichgültig zu sein, dass sie damit ihr Land in einen neuen Bürgerkrieg stürzen. Mit AFP

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