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Politik: Drogen im Parlament?: Kokainspuren beschäftigen Bundestag

Das Thema Kokain hat am Mittwoch den Bundestag erreicht. Einem Fernsehbericht zufolge wurden Spuren der Droge auf Toiletten des Reichstages und des Abgeordnetenhauses gefunden.

Das Thema Kokain hat am Mittwoch den Bundestag erreicht. Einem Fernsehbericht zufolge wurden Spuren der Droge auf Toiletten des Reichstages und des Abgeordnetenhauses gefunden. In 22 von 28 Toiletten des Reichstages seien Reste des weißen Pulvers nachgewiesen worden, berichtete Sat 1 in "Akte 2000". Es handele sich teilweise um Mengen, "bei denen ein Drogenhund anschlagen würde", sagte Moderator Ulrich Meyer dem Tagesspiegel. Bundestag und Staatsanwaltschaft kündigten Überprüfungen an. Der parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion, Jörg van Essen, will das Thema im Ältestenrat ansprechen.

Nach Angaben des Senders wurden für den Test großflächig Ablagen und größere Flächen wie Toilettendeckel mit sterilen Tüchern abgewischt. Diese landeten in versiegelten Röhrchen und dann in den Labors des Instituts für biomedizinische und pharmazeutische Forschung in Heroldsberg bei Nürnberg, das sich bereits mit der Dopingaffäre des Läufers Dieter Baumann befasste. Die Kokain-Spuren stammten aus dem Fraktions- und Präsidial-Bereich des Bundestages, der Gästen nicht frei zugänglich ist. Allerdings könnten die Politiker-Toiletten auch von Mitarbeitern, Journalisten und geladenen Gästegruppen genutzt werden.

Im Berliner Abgeordnetenhaus wurden die Kokainspuren nach Aussage der Pressestelle auf einer Toilette in der Nähe der Presseräume gefunden. Das WC wird aber auch von den zahlreichen Besuchergruppen häufig genutzt. "Dies ist ein offenes Haus, und wir sollten keine vorschnellen Schlüsse bezüglich drogensüchtiger Abgeordneter ziehen", sagte ein Sprecher der SPD-Fraktion. Sollten sich die SAT 1-Recherchen bestätigen, müsse das Landeskriminalamt eingeschaltet werden, forderte der innenpolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Roland Gewalt. Die Grünen-Abgeordnetenhausfraktion verkündete: "Bei uns nimmt keiner Kokain, wir brauchen keine Haarproben."

In der Bundestags-Pressestelle kündigte man eine "eingehende Überprüfung" an. Es solle geklärt werden, wie der Sender zu seinen Funden kam. "Die Toiletten werden täglich gereinigt, bei besonderer Inanspruchnahme sogar zweimal am Tag", sagte Sprecher Hans Hotter. Angesichts dessen komme ihm die hohe Zahl der angeblich entdeckten Kokain-Spuren "nicht nur unglaublich, sondern auch ein bisschen unglaubwürdig vor".

Mit dem Institutschef Fritz Sörgel habe man einen Wissenschaftler eingebunden, der "über jeden Zweifel erhaben" sei, sagte Meyer. Die Proben seien vergangene Woche genommen worden, mit feinsten Messungen ließen sich Kokain-Spuren sehr lange nachweisen. Dies bestätigte Sörgel. Messfehler seien auszuschließen, auch das absichtliche Anbringen der Droge hält der Professor für unwahrscheinlich. "Es ist für mich kaum vorstellbar, dass die Droge dahin getrickst wurde." Gewischt hätten allerdings keine Mitarbeiter des Instituts.

"Ich glaube, da hat sich jemand einen schlechten Scherz erlaubt", sagte dagegen der Experte für Suchtforschung an der Universität Hamburg, Michael Krausz. Das Testergebnis auf den zahlreichen Toiletten sei "extrem unwahrscheinlich". Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Christa Nickels, verurteilte die Aktion von Sat.1 als "unseriös".

raw, za

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