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Dschihadisten im Irak und in Syrien: Woher das Geld für die Gotteskrieger von "IS" kommt

Die Dschihadisten im Irak und in Syrien verfügen über die modernsten Waffen und werden gut bezahlt. Woher kommt das Geld für die Terrorgruppe "Islamischer Staat"?

„Es ist eine Schande“, empörte sich der syrisch-katholische Patriarch Ignatius Joseph III. Younan, nachdem Terroristen des „Islamischen Staates“ (IS) am vergangenen Wochenende alle 25.000 Christen aus Mossul vertrieben hatten. Es gebe nur einen Weg, diese mörderischen Kommandos zu stoppen – ihnen die Geldflüsse zu entziehen. „Woher beziehen diese Terroristen ihre Waffen? Von den fundamentalistischen Staaten am Golf, stillschweigend gebilligt von den westlichen Staatslenkern, weil sie deren Öl brauchen“, kritisierte der Geistliche.

In der Tat, die USA und die EU wissen seit langem, dass die gekrönten Häupter von Kuwait, Katar, den Emiraten und Saudi-Arabien alle Augen zudrücken, wenn superreiche Privatleute, salafistische Stiftungen und Moscheevereine sunnitische Gotteskrieger finanzieren, damit sie gegen Baschar al Assad in Syrien und Nuri al Maliki im Irak zu Felde ziehen. Beide arabischen Regime sind den sunnitischen Emiren und Königen am Golf schon lange ein Dorn im Auge, weil sie schiitisch dominiert sind und enge Kontakte zum Erzfeind Iran pflegen.

Saudi-Arabien bleibt ein entscheidender Geldgeber von Al Qaida, den Taliban und anderen Terrorgruppen“, urteilte laut Wikileaks schon 2009 die damalige US-Außenministerin Hillary Clinton. 15 der 19 Attentäter vom 11. September 2001 stammten aus dem Königreich, heute sind nach Schätzungen von Geheimdiensten 3000 bis 4000 junge Saudis in Syrien auf heiligem Kriegspfad, die meisten in den Reihen der schwarzen IS-Kommandos. 2400 Petrodollar kostet die „Patenschaft“ für einen Gotteskämpfer, auf Wunsch wird die Spende mit einem Kurzvideo des jungen Mannes in Aktion honoriert.

Entsprechend überschwänglich war der Jubel in Sponsorenkreisen nach dem Blitzmarsch der bestens ausgestatteten IS-Kolonnen gen Bagdad. „Was im Irak passiert, ist eine Revolution des Volkes gegen Unterdrückung und Tyrannei“, twitterte ein kuwaitischer Scheich, der seit zwei Jahren mit Geldkoffern zu „seinen Brigaden nach Syrien“ reist.

IS-Truppen verkaufen Öl aus eroberten Gebieten

Bisher setzten die Herrscher am Golf auf eine Doppelstrategie – außerhalb ihres Landes betrachteten sie die frommen Militanten als nützliche Instrumente im Kampf gegen den schiitischen Einfluss in der Region. Im Inneren dagegen gingen sie gegen deren Treiben mit aller Polizeimacht vor, wie zuletzt im Mai gegen einen Ring von IS-Werbern in Riad.

Spätestens seit dem Drama im Irak aber ist klar: Diese Rechnung geht nicht mehr auf. Denn die Krieger fühlen sich beflügelt, nun auch ihre Gönner am Golf ins Visier zu nehmen. Twitter-Aufrufe zum Marsch gegen das „Haus Saud“ kursieren bereits, in der saudischen Hauptstadt tauchten erste IS-Graffiti und Flugblätter auf. Eilig dekretiert nun ein Golfstaat nach dem anderen Anti-Terrorgesetze, die allen Dschihadisten und ihren Helfershelfern schwere Strafen androhen.

Inzwischen verfügen die IS-Truppen aber auch über Einnahmequellen, die sich jedem staatlichen Zugriff entziehen. Sie verkaufen Öl aus eroberten Förderregionen in Syrien und Irak, betreiben Kidnapping und Schutzgelderpressung, zwingen ihren neuen Untertanen Sondersteuern ab oder rauben – wie in Mossul – Banken aus. Öl-Experten schätzen, dass die IS-Verbände mittlerweile eine Million Dollar pro Tag aus dem Verkauf von irakischem Rohöl einnehmen. Kurdische Mittelsmänner kaufen die Lieferungen auf, die in Tanklastwagen durch den halbautonomen Nordirak in die Türkei und in den Iran gebracht werden.

In Syrien haben die schwarzen Gotteskrieger in den letzten drei Wochen mit Al Omar und Al Schaer die beiden größten Ölfelder unter ihre Kontrolle gebracht, deren Förderung sie nun zum Drittel des Weltmarktpreises an irakische Mafia-Clans losschlagen. „Die bedrohlichsten Gruppen sind diejenigen, denen es gelingt, ihre Finanzierung von externen auf interne Quellen umzustellen“, urteilt Tom Keatinge, ein ehemaliger J.P.-Morgan-Banker und Experte für Terrorfinanzierung. „Das Geld, über das sie verfügen, entspricht inzwischen dem Militärhaushalt eines kleinen europäischen Landes.“

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