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Politik: Empörung über angebliche jüdische Vermächtnisse - Hessens Ministerpräsident Roland Koch entschuldigt sich für die Legende

Die Legende des ehemaligen hessischen CDU-Schatzmeisters Casimir Prinz zu Sayn-Wittgenstein über angebliche jüdische Erblasser hat in Deutschland und Israel empörte Reaktionen ausgelöst. Der Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland, Paul Spiegel, forderte den hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch (CDU) auf, in der Angelegenheit reinen Tisch zu machen.

Die Legende des ehemaligen hessischen CDU-Schatzmeisters Casimir Prinz zu Sayn-Wittgenstein über angebliche jüdische Erblasser hat in Deutschland und Israel empörte Reaktionen ausgelöst. Der Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland, Paul Spiegel, forderte den hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch (CDU) auf, in der Angelegenheit reinen Tisch zu machen. Er sei "tief empört" und "zornig" über die Erfindungen. Auch die SPD-Fraktion in Wiesbaden nannte den Vorfall empörend. "Die Instrumentalisierung der Verfolgten des Naziregimes für die eigenen kriminellen Machenschaften ist eine besonders perfide und geschmacklose Ablenkungsstrategie", sagte Fraktionschef Armin Clauss. Der Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, Manfred Lahnstein, nannte die Vorgänge in der hessischen CDU "unerträglich". Der ehemalige Bundesfinanzminister sprach von "infamen Lügen" aus denen personelle Konsequenzen gezogen werden müssten.

Koch erklärte unterdesssen, er habe sich beim Vorsitzenden des Landesverbandes Jüdischer Gemeinden in Hessen, Moritz Neumann, entschuldigt. Er sei beschämt darüber, dass auch über die CDU-Pressestelle die Version von jüdischen Vermächtnissen verbreitet worden sei. Dies sei aber nicht Geisteshaltung der CDU und erst recht nicht seine eigene, sagte Koch.

Eine Entschuldigung für das Verhalten der hessischen Christdemokraten kam auch vom sächsischen Ministerpräsidenten Kurt Biedenkopf (CDU). Der "Leipziger Volkszeitung" sagte er, es sei "fast unerträglich, dass der frühere hessische CDU-Schatzmeister Casimir Prinz zu Sayn-Wittgenstein vorgegeben habe, die getarnten Einnahmen seines Landesverbandes seien Vermächtnisse jüdischer Emigranten gewesen. "Ich bedauere sehr, dass sich noch niemand bei der jüdischen Bevölkerung entschuldigt hat. Ich tue es jedenfalls hiermit", sagte Biedenkopf.

Der ehemalige Schatzmeister hatte behauptet, dass die Millionenzuwendungen, die in Wirklichkeit aus schwarzen Auslandskonten der CDU stammten, aus Vermächtnissen von Juden gekommen seien. Bei der Frankfurter Staatsanwaltschaft ist inzwischen eine Anzeige wegen Volksverhetzung gegen Wittgenstein eingegangen.

In Israel griffen Tageszeitungen das Thema auf und warnten vor anti-semitischen Vorurteilen. Die linksliberale, israelische Zeitung "Haaretz" brachte die Geschichte auf der Titelseite und zitierte Michel Friedman mit der Äußerung, dass nur ein "krankes Hirn" sich eine derartige Lügenversion ausdenken könne. Das Massenblatt "Maariv" schrieb über Wittgenstein, er sei kein Antisemit. Aber der durchschnittliche Deutsche sei jetzt überzeugt, dass Juden, Schwarzgeld ins Ausland geschleust hätten.

csl

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