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Joachim Gauck (links) bedankt sich auf seine Weise bei der FDP dafür, dass die Partei ihn zum Bundespräsidenten befördert hat. Umweltminister Peter Altmaier (CDU) sieht das mit eher gebremster Begeisterung.

© dapd

Energiewende: Gauck macht der FDP eine Freude

Streit über Kosten der Energiewende – Minister Rösler will Ökostrom-Förderung beenden.

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Berlin - Die FDP ist entzückt über den Bundespräsidenten. Denn Joachim Gauck hat sich am Dienstag zur Energiewende geäußert. Das ehrgeizige Projekt, verkündete Gauck anlässlich der „Woche der Umwelt“, werde „nicht gelingen allein mit planwirtschaftlichen Verordnungen“ oder einem „Übermaß an Subventionen“. FDP-Generalsekretär Patrick Döring findet das auch. „Joachim Gauck formuliert die Herausforderungen der Energiewende sehr präzise“, sagte Döring. Und dann forderte er, wie zuvor schon sein Parteichef Philipp Rösler, eine „Überprüfung der Fördermechanismen“.

Wirtschaftsminister Rösler sagte bei einer Veranstaltung zum Jahrestag der Beschlüsse zur Energiewende in seinem Ministerium: „Wenn wir nicht ehrlicher die energiepolitische Debatte führen als in den letzten zwölf Monaten, dann wird es nicht einfacher, sondern schwerer.“ Am Wochenende hatte er bereits ausgeführt, dass er die Ökostromförderung durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) abschaffen und durch eine Quotenregelung ersetzen möchte. Das forderte FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle nun in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ ebenfalls. Das Prinzip: Die Energiekonzerne werden verpflichtet, einen bestimmten Prozentsatz Ökostrom aufzukaufen. Großbritannien und Italien haben ihre Quotensysteme abgeschafft, weil der Ausbau der erneuerbaren Energien nicht auf Touren kam und die Kosten dennoch hoch waren. Beide Länder haben inzwischen Einspeisegesetze nach deutschem Vorbild. „Wir wollen den Ausbau von erneuerbaren Energien. Ich find’s großartig! Aber wir müssen auch über die Kosten sprechen“, sagte Rösler.

Die Energiewende sei eine Riesenaufgabe, fuhrt Rösler fort: „Das kann man nicht mit planwirtschaftlichen Maßnahmen leisten.“ Rösler kritisierte, dass das EEG bisher „ein reines Subventionsgesetz“ sei. Angesichts drohender Preissteigerungen meinte er weiter: „Da müssen wir uns tief in die Augen gucken: Wollen wir das bezahlen oder wollen wir das eine oder andere im System ändern?“ Rösler sprach sich am Dienstag dafür aus, dass man das EEG „ein Stück weit näher an den Markt heranführen“ sollte.

Umweltminister Peter Altmaier (CDU) beteuerte, auch er sei für „Marktwirtschaft, wo immer es geht, aber es wird ohne politische Leitentscheidungen auch in Zukunft nicht gehen“. Obwohl Altmaier und Rösler beschlossen hätten, „uns zu mögen“, verläuft die Zusammenarbeit der beiden Häuser so zäh wie eh und je. Einerseits beschwert sich Rösler bei jeder Gelegenheit über die hohen Kosten der Ökostromförderung. Andererseits verantworten FDP und Union, dass die Ökostromumlage, die von allen Stromkunden getragen werden soll, auf immer weniger Schultern verteilt wurde.

So hat die Regierung mit der EEG-Novelle den Kreis der Unternehmen, die von der Umlage befreit werden, weiter vergrößert. Rösler forderte am Wochenende sogar, den gesamten Mittelstand von der Umlage zu befreien. Dann blieben nur noch die Haushaltskunden als Umlagenzahler. SPD-Fraktionsvize Ulrich Kelber (SPD) sieht „eine zwischen Kräften aus Wirtschaft und schwarz-gelber Koalition abgestimmte Attacke gegen die Erneuerbaren Energien“. Er nennt eine Summe von zwei Milliarden Euro für die Umlagenbefreiung der Industrie und die neu eingeführte sogenannte Marktprämie. Diese Marktprämie erlaubt es Erzeugern von erneuerbaren Energien, ihren Strom selbst zu vermarkten, statt die Einspeisevergütung zu beanspruchen. Dafür bekommen sie eine Prämie. Schon im März rechnete die Bundesregierung auf Anfrage der Grünen mit Kosten von täglich einer Million Euro. Inzwischen werden 65 Prozent des Windstroms, der an Land erzeugt wird, über die Marktprämie vermarktet. Das Fraunhofer Institut für System- und Innovationsforschung, das die Prämie erfunden hat, rechnet mit Mehrkosten zwischen 255 Millionen und 585 Millionen Euro.

Rösler wies am Dienstag darauf hin, dass der Solar- und Windstrom zwar den Börsenpreis senke, damit aber die Umlage weiter steige, weil der Abstand zwischen dem Vermarktungspreis und der garantierten Einspeisevergütung gezahlt werden muss. Dieser Effekt hat sich aber für die Industrie bezahlt gemacht. Der Chef des Bundesverbands Erneuerbare Energien, Dietmar Schütz, spricht von 1,2 Milliarden Euro, um die Industriestromkunden allein 2010 durch den preisdämpfenden Effekt von Wind- und Solarstrom entlastet worden sind.

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