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Mevlut Cavusoglu führte auf Malta auch ein bilaterales Gespräch mit Außenminister Gabriel.

© Darrin Zammit Lupi/Reuters

EU-Außenministertreffen: EU erkennt Türkei-Referendum an

Die EU-Außenminister haben sich bei ihrem Treffen auf Malta auch dafür ausgesprochen, die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei weiter zu führen.

Die EU-Staaten haben sich nach Angaben der Außenbeauftragten Federica Mogherini grundsätzlich darauf geeinigt, das Ergebnis des umstrittenen Verfassungsreferendums in der Türkei hinzunehmen. „Wir respektieren die Ergebnisse des Referendums, auch wenn wir zur Kenntnis nehmen, dass sie angefochten werden“, sagte die Italienerin am Freitagabend zum Abschluss eines Außenministertreffens auf Malta. Die EU erwarte allerdings, dass sich die türkische Regierung bei dem geplanten Staatsumbau an europäische Standards halte. Konkret nannte Mogherini die Vorgaben von Verfassungsexperten des Europarates („Venedig-Kommission“).

Umstrittene Beitrittsgespräche

Mogherini machte zudem deutlich, dass derzeit weder ein Abbruch noch ein Aussetzen der EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei zur Debatte stehe. „Der Beitrittsprozess geht weiter“, sagte sie. Fortschritte könnten aber nur erzielt werden, wenn sich die Türkei an die Voraussetzungen in Bereichen wie Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und Medienfreiheit halte.

Der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu habe in der Debatte erklärt, dass die Türkei die Gespräche fortsetzen wolle, sagte Mogherini. Er war wie die anderen Außenminister der EU-Kandidatenländer zu Beratungen am Rande dem EU-Treffens eingeladen. Cavusoglu führte auch ein rund 20-minütiges bilaterales Gespräch mit Bundesaußenminister Sigmar Gabriel.

Mit dem Verfassungsreferendum sei die freie und rechtsstaatliche Türkei "gestorben und de facto damit auch der Beitrittsprozess", sagte dagegen Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn. Für den Österreicher Sebastian Kurz sind mit Erdogans Vorgehen gegen Regierungskritiker längst ebenfalls alle "roten Linien" überschritten. Er halte es "für absolut falsch, wenn diese Fiktion des Beitritts aufrecht erhalten wird, obwohl sich die Türkei jedes Jahr weiter weg von Europa entfernt", sagte er.

Merkel: Europa und Türkei sollten sich nicht vollends voneinander abwenden

In Berlin plädierte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) für "Klugheit" und "Klarheit" im Umgang mit der Türkei. "Insgesamt ist es im deutschen und europäischen Interesse, dass Europa und die Türkei sich nicht vollends voneinander abwenden", sagte Merkel dem Redaktionsnetzwerk Deutschland für die Samstagsausgaben der beteiligten Zeitungen.

Im Moment besteht gar nicht die Absicht, neue Kapitel der Beitrittsverhandlungen zu öffnen", sagte Merkel. Wenn die Türkei die Todesstrafe einführen würde, wäre dies "das Ende der Verhandlungen". Beide Seiten sollten sich nicht voneinander abwenden - "nicht zuletzt auch wegen der vielen Menschen mit türkischen Wurzeln, die in Deutschland leben".

Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD) sagte in Malta, er könne sich "gar nicht vorstellen", dass Türken in Deutschland in einem Referendum über die Einführung der Todesstrafe abstimmen, da diese Frage "gegen die deutsche Verfassung wäre".

Referendum zur Todesstrafe kann in Deutschland verboten werden

Wie die „Saarbrücker Zeitung“ unter Berufung auf ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages berichtete, kann die Bundesregierung einem Rechtsgutachten zufolge eine türkische Volksabstimmung in Deutschland über die Wiedereinführung der Todesstrafe in der Türkei unterbinden.. Wenn es um unverbrüchliche verfassungsrechtliche und völkerrechtliche Rechtsstandards gehe, sei eine „Versagungspflicht“ denkbar. Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan hatte nach der Abstimmung über die Verfassungsänderung ein weiteres Referendum zur Todesstrafe ins Gespräch gebracht

Nach dem Verfassungsreferendum in der Türkei vor rund zwei Wochen waren die Forderungen nach einem Abbruch oder Aussetzen der EU-Beitrittsverhandlungen zuletzt noch einmal lauter geworden. Der geplante Staatsumbau könnte nach Einschätzung von EU-Experten die Gewaltenteilung und die Unabhängigkeit der Justiz einschränken. Die Verfassungsänderung verleiht dem Präsidenten Recep Tayyip Erdogan mehr Macht, die Position des Ministerpräsidenten soll abgeschafft werden.

Erdogans Sprecher Ibrahim Kalin sagte, die Türkei wolle "den EU-Beitritt weiterhin als strategisches Ziel sehen". "Aber es braucht zwei zum Tangotanzen", fügte der Präsidentensprecher hinzu. "Wenn die Europäer wirklich eine Besserung wollen, müssen sie etwas gegen diese Terroristen tun." Ankara wirft den EU-Staaten seit langem vor, kurdischen Extremisten und Beteiligten am Putschversuch vom vergangenen Juli Zuflucht zu gewähren.

Erdogan bekräftigte den Willen seines Landes zum Beitritt zur EU. Die Tür der Türkei stehe offen, die EU müsse "zusehen", wie sie die Beziehungen zur Türkei "weiterentwickeln" könne. (dpa/AFP)

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