zum Hauptinhalt
Irritiert mit merkwürdigen Witzen: der designierte EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger.

© Soeren Stache/dpa

Update

EU-Kommissar: Oettinger macht sich über "Pflicht-Homoehe" lustig

Der EU-Kommissar hat Chinesen als "Schlitzaugen" bezeichnet und die Gleichstellung von Homosexuellen ins Lächerliche gezogen. SPD-Generalsekretärin Barley stellt seine Eignung als künftiger EU-Haushaltskommissar in Frage.

Nach der umstrittenen Rede von Günther Oettinger hat SPD-Generalsekretärin Katarina Barley seine Eignung als künftiger EU-Haushaltskommissar in Frage gestellt. „Jemand, der offene rassistische und homophobe Ressentiments bedient, disqualifiziert sich für politische Spitzenposten“, sagte sie „Spiegel Online“. „Günther Oettinger sollte mal dringend sein Weltbild überprüfen. Ein EU-Haushaltskommissar mit solchem Gedankengut könnte der ganzen EU Schaden zufügen.“

Oettinger hatte vor Unternehmern in Hamburg über Homosexuelle, Chinesen und Frauen gelästert. So sprach er unter anderem von der „Pflicht-Homoehe“.

Eine merkwürdige Rede

Eigentlich habe er sich anhören wollen, was der zuständige Kommissar über die digitale Revolution zu sagen habe, schreibt Sebastian Marquardt. Doch dann habe Günther Oettinger plötzlich von "Schlitzaugen" gesprochen. Und der Hamburger Verleger schaltete die Kamera seines Smartphones ein. Einen etwa dreiminütigen Auszug der Rede, die Oettinger am Mittwoch beim Europaabend des AGA-Unternehmensverbandes in der Hansestadt gehalten haben soll, hat Marquardt inzwischen bei Youtube hochgeladen. Sie fällt dem CDU-Politiker just in dem Moment vor die Füße, da ihn EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker zum Haushaltskommissar machen will.

Oettinger spricht in der Sequenz über gutes Regieren. "Wir haben bald mehr Gremien als Einwohner", beklagt er. "Wir müssen uns entscheiden: Wollen wir die Welt von morgen ein bisschen mitgestalten? Wollen wir nur S-Klasse oder wollen wir auch Werte exportieren? Wollen wir unser Menschenbild einbringen in die globale Diskussion?"

Welches Bild er vom Menschen hat, bleibt in dem Redeauszug allerdings einigermaßen unscharf. In dem Versuch, witzig zu sein, versteigt Oettinger sich jedenfalls zu einigen merkwürdigen Aussagen. "Ihnen und mir geht's derzeit zu gut", sagt Oettinger zum Beispiel. Deshalb hätten die Deutschen "Flausen im Kopf" - wobei er dafür nicht nur Rentenpläne und Betreuungsgeld als Beweis anführt, sondern auch eine "Pflicht-Homoehe, wenn sie eingeführt wird". Was er damit meint, ist nicht ersichtlich.

Oettinger teilt nach allen Seiten aus. CSU-Chef Horst Seehofer bezeichnet er als "Populist light". Gerhard Schröders neuen Job als Vermittler bei Kaiser's Tengelmann hält er für konsequent: "Hat ja auch Zeit. Nord Stream 2 wird nicht gebaut, und Frau ist weg." Und der EU-Kommissar macht sich über chinesische Minister lustig, die kürzlich bei der EU zu Besuch waren: "Neun Männer, eine Partei, keine Demokratie. Keine Frauenquote, keine Frauen, folgerichtig. Alle Anzug, Einreiher dunkelblau. Alle Haare von links nach rechts mit schwarzer Schuhcreme gekämmt." Den eingangs erwähnte Bemerkung von den "Schlitzaugen" hat eine andere Teilnehmerin inzwischen der "Süddeutschen Zeitung" bestätigt.

Volker Beck: "Wahnwichtel fürchtet sich vor Zwangsverheiratung"

Die EU-Kommission wollte Oettingers Äußerungen auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur am Samstag nicht kommentieren, zog deren Echtheit aber auch nicht in Zweifel. Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Volker Beck äußerte sich schockiert: "Ein Wahnwichtel fürchtet sich vor der homosexuellen Zwangsverheiratung: Der homophobe Spruch von der drohenden Pflicht-Homoehe zeugt davon, dass der Herr Kommissar die letzten Jahrzehnte verschlafen hat", teilte er mit. Die Sprecherin des Lesben- und Schwulenverbandes (LSVD), Stefanie Schmidt, sprach von unfassbaren "Alt-Herren-Witzen" Oettingers und verlangte eine Entschuldigung.

Zuhörer Marquardt erinnert sich an einen "verstörenden Abend". Ein Teil des Publikums habe wie er Oettingers Äußerungen klar abgelehnt, andere wären sehr einverstanden damit gewesen und hätten sich gut unterhalten gefühlt. Nach der Rede sei er auf Oettinger zugegangen, schreibt Marquardt, und habe ihm "für dieses erfrischende Stück Rassismus gedankt". Doch Oettinger habe ihn nicht verstanden. "Er weiß noch nicht einmal, dass er widerwärtige Dinge sagt." (mit dpa)

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false