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EU-Kommissar zur Türkei: Oettinger erwartet 2016 keine Visafreiheit mehr

EU-Kommissar Günther Oettinger (CDU) glaubt nicht mehr an eine Regelung für Visafreiheit für Türken in diesem Jahr. Allerdings müsse man in der Flüchtlingskrise weiter kooperieren.

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Nach dem gescheiterten Militärputsch in der Türkei glaubt der deutsche EU-Kommissar Günther Oettinger (CDU) nicht an eine Regelung zur Visafreiheit für Türken in diesem Jahr. „Erdogan muss uns beim Thema Rechtsstaatsprinzip entgegenkommen, und danach sieht es gerade nicht aus“, sagte Oettinger den Zeitungen der Essener Funke Mediengruppe (Dienstagsausgaben). Der Gesetzentwurf liege zwar beim Europäischen Parlament. „Ich sage allerdings voraus, dass wir zum Jahreswechsel noch keine Regelung zur Visafreiheit haben werden.“

Der deutsche EU-Kommissar bekräftigte die Position der Bundesregierung, dass eine Wiedereinführung der Todesstrafe, wie sie in der Türkei aktuell diskutiert wird, ein Ende der EU-Beitrittsgespräche bedeuten würde. „Kein Land kann Mitgliedstaat der EU werden, wenn es die Todesstrafe einführt.“

EU-Kommissar Günther Oettinger glaubt nicht mehr an eine Visafreiheit für türkische Bürger in diesem Jahr.
EU-Kommissar Günther Oettinger glaubt nicht mehr an eine Visafreiheit für türkische Bürger in diesem Jahr.

© picture alliance / dpa

CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer äußerte sich im ZDF-Morgenmagazin ähnlich. Er forderte sogar, die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei schon kurzfristig einzufrieren. Es könne keine vollständige Visa-Freiheit mit der Türkei geben, sagte er. "Da sind wir weit davon entfernt". Allerdings bedeute das für ihn nicht, dass damit auch das EU-Flüchtlingsabkommen mit der Türkei hinfällig werde. "Ich glaube schon, dass man diese drei Dinge voneinander trennen kann", sagte er. Das Nein zu einem türkischen EU-Beitritt und zur Visa-Freiheit müsse das Abkommen nicht aushebeln.

"Todesstrafe ist nicht Rechtsstaat, Todesstrafe ist nicht Demokratie", unterstrich Scheuer. All diese Kritik an der türkischen Reaktion auf den Putsch-Versuch vom Ende letzter Woche ändert nach Scheuers Worten aber nichts daran, dass die Türkei ein wichtiger Bündnispartner in der Allianz gegen den Terror bleibt. Sollte allerdings die türkische Regierung weiterhin Bundestagsabgeordneten den Besuch bei den deutschen Soldaten am Luftwaffenstützpunkt Incirlik verwehren, müsse das Konsequenzen haben und das bedeute den Abzug der Soldaten.

Laut Oettinger festige der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan zurzeit innenpolitisch seine Position, isoliere sich aber außenpolitisch. Es könne nicht sein, dass die Immunität von Abgeordneten aufgehoben werde, Journalisten eingeschüchtert würden und missliebige Richter zu Tausenden aus dem Verkehr gezogen würden, sagte der EU-Kommissar.

"Manche trauern sogar den alten Zeiten mit Gaddafi nach"

Dennoch sprach sich Oettinger für eine Fortsetzung der Zusammenarbeit mit der Türkei in der Flüchtlingskrise aus. „Man kann sich die Partner nicht immer aussuchen“, sagte er. Die Türkei sei wichtig in der Flüchtlingskrise. „Manche trauern sogar den alten Zeiten mit Gaddafi nach“, sagte der EU-Kommissar für Digitale Wirtschaft und Gesellschaft. Der sei zwar alles andere als ein Demokrat gewesen, habe aber Terroristen keine Chance gegeben und nicht zugelassen, dass Schlepper libysche Häfen nutzten.

Am späten Freitagabend hatten in der Türkei Teile der Armee einen Umsturzversuch gestartet, den die Regierung in Ankara am Samstagvormittag für gescheitert erklärte. Mehr als 260 Menschen wurden getötet. Präsident Erdogan kündigte anschließend eine „Säuberung“ in der Armee an. Tausende Menschen wurden festgenommen. Mehrere Parlamentsabgeordnete forderten die Wiedereinführung der Todesstrafe. Präsident Recep Tayyip Erdogan sprach sich dafür aus, darüber Gespräche zu führen. (rtr/epd)

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