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Im polnischen Grojec werden Äpfel verpackt. Polen gehört zu den Ländern, die vom russischen Agrarimportstopp besonders betroffen sind.

© Reuters

Update

EU-Kommission greift ein: 125 Millionen Euro für Gemüse- und Obstbauern

Die EU-Kommission macht 125 Millionen Euro locker, um vom russischen Agrarimportstopp betroffenen Landwirten unter die Arme zu greifen. Derweil erwägt Russland wegen der Ukraine-Krise offenbar ein teilweises oder vollständiges Importverbot für westliche Fahrzeuge.

Die von dem russischen Importverbot getroffenen Gemüse- und Obstbauern in der EU bekommen Hilfe. Es würden rund 125 Millionen Euro bereit gestellt, erklärte die EU-Kommission am Montag in Brüssel. Profitieren können demnach unter anderem Produzenten von Möhren und Tomaten, Gurken und Pilzen, Äpfeln und Birnen sowie Tafeltrauben und Kiwis. Mit dem Geld soll den Angaben zufolge das Angebot auf dem freien Markt verknappt werden, damit die Preise nicht zu stark verfallen. Die formale Entscheidung fällt erst in einigen Wochen, die Maßnahmen greifen dann aber rückwirkend ab Montag und bleiben bis Ende November in Kraft. Profitieren dürften vor allem Bauern in Polen, Litauen, Belgien und den Niederlanden - aus diesen Ländern wird für gewöhnlich besonders viel Obst und Gemüse nach Russland exportiert. Mit dem Importstopp befassen sich am 5. September auch die EU-Landwirtschaftsminister bei einem Treffen in Brüssel. Der Termin wurde um drei Tage vorgezogen.

Russland hat als Reaktion auf die Sanktionen der EU und der USA ein Einfuhrverbot für westliche Agrar-Erzeugnisse verhängt. Darunter fallen neben Obst und Gemüse auch Fleisch-, Fisch- und Molkerei-Produkte. Bis dato gingen rund zehn Prozent aller Agrarexporte der EU nach Russland. Deshalb bekommen viele europäische Landwirte jetzt direkt oder indirekt die Folgen zu spüren.

Deutsche Bauern befürchten Preisverfall

Auch Deutschland ist betroffen. Die hiesigen Bauern exportierten vergangenes Jahr Obst und Gemüse im Wert von rund 60 Millionen Euro nach Russland. Das ist zwar verhältnismäßig wenig. Sie fürchten nun aber einen starken Preisverfall. Aufgrund des milden Winters und des warm-feuchten Sommers fällt die Apfelernte in Deutschland beispielsweise 29 Prozent besser aus als vor Jahresfrist. Andere Länder wie Polen haben in der Vergangenheit besonders viele Äpfel nach Russland exportiert. Da sie diese dort nun aber nicht mehr absetzten dürfen, könnten die Äpfel letztlich auf dem europäischen Markt landen. Dieses Überangebot kann zu einem Preisverfall führen. “Aber keiner kann sagen, um wie viel der Preis fällt, jedoch sind sich alle Experten einig, dass er fallen wird“, klagt Hans-Dieter Stallknecht vom Deutschen Bauernverband.

Griechen müssen Pfirsiche einfrieren

Auch den Griechen fehlt auf einmal ein großer Abnehmer für Pfirsiche. Als Russland das Einfuhrverbot in Kraft setzte, waren gerade mit rund 8000 Tonnen beladene Lkw auf dem Weg nach Russland. Im Norden Griechenlands mussten die Laster stoppen, da sie ihre Ware nicht hätten ausliefern können. Die Pfirsiche wurden eingefroren.
Auch andere Zweige der Agrarwirtschaft sind von dem Einfuhrverbot direkt betroffen. Beispielsweise stellte Europas größte Molkerei Arla Foods mit Sitz in Dänemark umgehend die gesamte Produktion für den russischen Markt ein. Das Russlandgeschäft macht immerhin 1,3 Prozent des Gesamtumsatzes aus.
Auch auf russischer Seite sind Konsequenzen deutlich zu spüren. Zwar haben Restaurants und Lebensmittelhändler noch einen Vorrat an europäischen Produkten, aber diese werden bald zuneige gehen. Deshalb hat die Suche nach Alternativen bereits begonnen. Profiteure sind vor allem die südamerikanischen und asiatischen Landwirte.

Deutsche Autobranche meidet Stellungnahmen zu möglichem Importverbot

Unterdessen erwägt Russland einem Zeitungsbericht zufolge ein teilweises oder vollständiges Importverbot für westliche Fahrzeuge, falls die USA und die EU ihre Sanktionen verschärfen sollten. Ein entsprechender Vorschlag sei bereits Präsident Wladimir Putin übermittelt worden, berichtete die Zeitung “Vedomosti“. Eine Entscheidung über neue Sanktionen sei aber noch nicht gefallen. In Russland produzierte Fahrzeuge sollen von einem Bann nicht betroffen sein. Ford, Volkswagen, Renault, Toyota und Hyundai haben Werke in Russland. Im ersten Halbjahr kamen dem Blatt zufolge Importautos auf einen Absatzanteil von 27 Prozent. Bei Lkw seien es 43 Prozent, bei Bussen 13 Prozent. Eine Anweisung des Kremls, neue Sanktionen auszuarbeiten, gebe es aber noch nicht, berichtete "Vedomosti". Eine offizielle Bestätigung für die Überlegungen lag am Montag nicht vor.

Die deutsche Autobranche hielt sich am Montag mit Stellungnahmen zurück. Für sie war Russland in den vergangenen Jahren zu einem wichtigen Wachstumsmarkt geworden. Schon vor der Ukraine-Krise hatte der Absatz aber zu schwächeln begonnen, was die Branche auf die lahmende Konjunktur und den schwachen Rubel zurückführt.
Ein Opel-Sprecher in Rüsselsheim sagte am Montag auf Nachfrage: „Wir behalten die Situation in Russland genau im Auge.“ Der russische Markt laufe seit Monaten schlecht. „Wir sind aber nach wie vor von den Wachstumsaussichten des russischen Marktes überzeugt.“ Im vergangenen Jahr kauften die Russen 2,78 Millionen neue Autos, das waren 5,5 Prozent weniger als im Vorjahr. Von Januar bis Juni dieses Jahre schrumpfte der Markt um 9,9 Prozent gegenüber dem ersten Halbjahr 2013. Die Ukraine-Krise verschärfe die Probleme, hieß es in der Branche. (AFP/rtr/dpa)

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