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Der Vorstand der Polizeigewerkschaft droht mit der Festnahme der Kontrolleure der "Troika".

© dpa

Update

Finanzkrise: Griechische Rechte sperrt sich gegen Sparpaket

Wieder Ärger um das griechische Sparpaket: der Parteichef der Rechten will die Maßnahmen im Parlament ablehnen. Die griechische Polizei droht derweil der Troika mit Festnahme. Der Ton gegenüber Athen verschärft sich deutlich.

In Griechenland wächst der Widerstand gegen die neuen Sparanstrengungen im Kampf gegen die Staatspleite. Die an der Übergangsregierung in Griechenland beteiligten Rechten planen offenbar, das mit der EU, EZB und IWF vereinbarte Sparpaket zu stimmen. Das kündigte Laos-Chef Giorgos Karatzaferis am Freitag auf einer Pressekonferenz an. Die Abgeordneten sollen voraussichtlich am Sonntagabend abstimmen. Das ist aber nach Informationen aus dem Parlament noch nicht sicher. Die Abstimmung könnte auch am Montag oder Dienstag stattfinden, hieß es.

Ein solcher Schritt der rechten Partei hätte angesichts der Mehrheitsverhältnisse in der Regierung des parteilosen Ministerpräsidenten Lucas Papademos keine Auswirkungen, sollten die beiden anderen regierungsstützenden Parteien, die Sozialisten (Pasok) und die Konservativen (Nea Dimokratia), für die massiven Sparanstrengungen votieren. Denn die rechtsgerichtete Partei (Laos) stellt bloß 16 Abgeordnete des 252 starken Regierungslagers. Im Athener Parlament sitzen insgesamt nur 300 Abgeordnete. Karatzaferis sagte, seine Fraktion werde dagegen stimmen, nicht aber die Regierung verlassen. Er warf insbesondere den Deutschen vor, alleine die EU zu regieren, „weil sie ein dickes Portemonnaie haben“.

Während ein zweitägiger Streik den öffentlichen Verkehr im Land weitgehend lahmlegte, kam es im Zentrum Athens zu Zusammenstößen zwischen Autonomen und der Polizei. Dabei verlieren die Verhandlungspartner mehr und mehr die Geduld. Mit einem Ultimatum wollen die Europäer neue Zugeständnisse Griechenlands für ein neues Rettungsprogramm erzwingen. Nur wenn mehrere Bedingungen innerhalb einer Woche erfüllt werden, kann Athen mit dem dringend benötigten Paket von 130 Milliarden Euro rechnen. Ohne den Plan droht Griechenland die Staatspleite.

Bilder vom Protest gegen das Sparpaket

Die Euro-Finanzminister vertagten am späten Donnerstagabend in Brüssel ihren Beschluss für das Hilfsprogramm auf nächsten Mittwoch. "Wir haben noch nicht alle Bestandteile für eine Entscheidung auf dem Tisch", bilanzierte der Vorsitzende der Ministerrunde, Luxemburgs Premier Jean-Claude Juncker, nach fünfeinhalbstündigen Beratungen.

Polizei droht Troika mit Festnahme

Der Vorstand der Gewerkschaft der Polizisten in Griechenland (POESY) droht unterdessen mit der Festnahme der Kontrolleure der EU, des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Europäischen Zentralbank (EZB). Nach Ansicht der Gewerkschaft versucht die „Troika“, mit den harten Sparmaßnahmen die demokratische Ordnung umzuwerfen. Zudem versuche sie, die „nationale Souveränität“ zu verletzen und vom griechischen Volk wichtige Güter zu rauben.

„Wir warnen Sie, dass wir die sofortige Ausgabe von Haftbefehlen fordern werden“, hieß es am Freitag unter anderem in einer schriftlichen Erklärung, die an die Troika-Vertreter geschickt wurde. Zudem wurde am Freitag ein Flugblatt verteilt, auf dem „Wanted“ (gesucht) stand und das für die Festnahme der „Troikaner“ einen Euro als Belohnung in Aussicht stellte.

Die Regierungsparteien in Athen hatten sich am Donnerstag auf ein Sparpaket geeinigt. Es sieht neue, erhebliche Einschnitte vor: Niedrigere Mindestlöhne, eingefrorene Gehälter und weniger Staatsdiener. Juncker forderte, das griechische Parlament müsse umgehend die Vereinbarung zwischen der Regierung und der „Troika“ von EU-Kommission, Internationalem Währungsfonds (IWF) und Europäischer Zentralbank (EZB) zu dem Programm billigen. Die Einigung zu dem neuen Hilfsprogramm steht also bereits im Grundsatz. Griechenland wird auch verpflichtet, zusätzlich 325 Millionen Euro im laufenden Jahr zu sparen. Auch müssten alle Koalitionspartner in Athen verbindlich zusichern, bei dem Programm mitzuziehen, so Juncker.

EU-Währungskommissar Olli Rehn sagte, dass die zähen Verhandlungen in Athen zwischen Regierung und Bankenvertretern für einen Schuldenschnitt um 100 Milliarden Euro zu einem ersten Erfolg führten. "Der Entwurf einer Abmachung über die Privatsektor-Beteiligung ist praktisch abgeschlossen", sagte der Finne und bestätigte damit Angaben des griechischen Ressortchefs Evangelos Venizelos.

Rehn und Juncker sagten, die Geldgeber wollten Griechenland stärker überwachen als bisher. Rehn fügte hinzu, ein „Sparkommissar“, wie er in Deutschland vorgeschlagen wurde, solle es aber nicht geben. Mit viel Sympathie sah er hingegen den deutsch-französischen Vorstoß für ein Sonderkonto, über das die Rückzahlungen an die Gläubiger abgewickelt werden sollen. „Wir schauen uns das ernsthaft an.“ Am Mittwoch kommender Woche (15.2.) soll es laut Juncker eine neue Sondersitzung der Euro-Finanzminister geben. Bereits am 20. Februar ist das nächste reguläre Treffen der Kassenhüter geplant.

Zwei von drei Deutschen zweifeln am Sparwillen Griechenlands.

Die Euro-Finanzminister geben Griechenland keine schnelle Hilfszusage, sondern sie stellen ein Ultimatum für die Umsetzung der Sparvorgaben.
Die Euro-Finanzminister geben Griechenland keine schnelle Hilfszusage, sondern sie stellen ein Ultimatum für die Umsetzung der Sparvorgaben.

© AFP

Der Bundestag will am 27. Februar darüber abstimmen, „wie nun der Weg für Griechenland und die Unterstützung weitergeht“, sagte Unions-Fraktionschef Volker Kauder am Freitag nach einer Sondersitzung der CDU/CSU-Bundestagsfraktion in Berlin. Griechenland habe die nächsten Tage Zeit, die Vorgaben der Euro-Finanzminister umzusetzen. „Wir werden dann am Montag, dem 27. Februar, unsere Entscheidung treffen.“ In der Unionsfraktion sei ausführlich über das Thema diskutiert worden. „Unser Ziel ist, Griechenland zu helfen. Aber Griechenland muss seine Voraussetzungen leisten“, betonte der CDU-Politiker. „Ohne die Anstrengungen in Griechenland können wir, wie es der IWF formuliert hat, auch die nächste Tranche nicht ausbezahlen.“

Die Grünen-Fraktion im Bundestag sieht das neue Hilfspaket für Griechenland grundsätzlich positiv. „Griechenland muss geholfen werden, aus dieser finanziellen, aber auch strukturellen Krise herauszukommen“, sagte Fraktionschefin Renate Künast. Sie betonte zugleich, dass das Land neben weiterer finanzieller Unterstützung auch „Aufbauhilfe“ für eine gute gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung benötige. Der Ko-Fraktionsvorsitzende Jürgen Trittin nannte den geplanten Schuldenschnitt für Griechenland vernünftig. „Hiermit werden diejenigen, die als private Gläubiger Griechenland gegenüberstehen, an den Kosten der Lösung der griechischen Situation mit beteiligt.“

FDP: Griechen haben "noch nicht genug geliefert"

Der finanzpolitische Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen, Gerhard Schick, hat das lange Ringen um einen Schuldenschnitt für Griechenland kritisiert. "Das Krisenmanagement verschärft die Krise", sagte er am Freitag im ZDF-„Morgenmagazin“. Schick forderte die Bundesregierung auf, den Wählern zu sagen, dass auf die deutschen Steuerzahler Milliardenkosten zukämen. Dass die EU Griechenland pleitegehen lässt, glaubt Schick nicht. Dies wäre auch nicht „in unserem Interesse“, sagte der Grünen-Politiker. Beim Sparpaket seien manche Prioritäten falsch gesetzt. Schick forderte eine Kürzung des Militärhaushalts und eine Bekämpfung der Steuerflucht, wobei die EU gemeinsam Druck auf die Schweiz ausüben sollte.

Bilder von anti-deutschen Protesten in Griechenland in den vergangenen Tagen

Für die FDP hat Griechenland bei den versprochenen Reformen „noch nicht genug geliefert“, erklärte Fraktionschef Rainer Brüderle „Wir erwarten die Einleitung der Umsetzung“, forderte Brüderle das Parlament in Athen auf, endlich zu politischen Beschlüssen zu kommen und Reformgesetze zu verabschieden. Brüderle bestätigte, dass der Bundestag am 27. Februar um 14.00 Uhr zu einer vorgezogenen Sitzung zusammenkommen will, um über das nächste Griechenland-Paket abzustimmen. Am Freitag davor werde sich der Haushaltsausschuss mit dem Thema befassen. Wenn es bis dahin eine vernünftige Basis für Beschlüsse gebe, „werden wir auch eine Mehrheit haben“, sagte Brüderle.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) will trotz aller Probleme den eingeschlagenen Rettungskurs für Griechenland weiterverfolgen. Es sei der „Weg des geringsten Schadens“, den sie am meisten verantworten könne, sagte Merkel. Im Hinblick auf Szenarien einer Staatspleite Athens machte Merkel deutlich, dadurch hätte man „ein Haftungsrisiko am Haken, das man nicht mehr beherrschen kann“.
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sagte den Angaben zufolge vor den Abgeordneten, in der Abwägung halte er „das, was wir tun, für die verantwortliche Lösung“. Der Minister machte allerdings klar, dass die Voraussetzungen zur Freigabe weiterer Hilfen für Griechenland noch nicht erfüllt seien. Vorerst sei mit den Maßnahmen ein Schuldenstand von 128 Prozent des Bruttoinlandsprodukts bis 2020 zu erreichen, die Zielmarke liege aber bei 120 Prozent. „Es geht nicht darum, die Griechen zu quälen“, sondern auf einen Pfad zurückzuführen, damit der Euro-Partner wieder „ein auskömmliches Leben“ führen könne, sagte Schäuble laut Teilnehmern.

Zwei von drei Deutschen zweifeln am Sparwillen des Euro-Sorgenkindes Griechenlands. Laut ZDF-Politbarometer sind nur 27 Prozent der Befragten der Meinung, Griechenland bemühe sich ernsthaft darum, die zugesagten Sparvorgaben umzusetzen - 66 Prozent zweifeln daran. 46 Prozent sind dafür, dass die Euro-Staaten eine Pleite Griechenlands in Kauf nehmen sollten. Genau so viele, 46 Prozent, sprechen sich allerdings dagegen aus.

Eine Mehrheit von 62 Prozent erwartet im Falle einer Pleite Griechenlands negative Auswirkungen für die wirtschaftliche Situation in Deutschland, 18 Prozent gehen von positiven Folgen aus. Das Krisenmanagement von Bundeskanzlerin Angela Merkel in der Euro-Krise bewerten 69 Prozent als eher gut und 23 Prozent als eher schlecht. (dapd/dpa/rtr)

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