zum Hauptinhalt
Syrische Flüchtlinge, die am Hafen der griechischen Insel Lesbos auf eine Überfahrt nach Piräus warten.

© Angelos Tzortzinis/AFP

Flüchtlinge: Der Handel mit syrischen Pässen blüht

Der Flüchtlingsansturm schafft in der Türkei einen Markt für falsche Pässe. Syrische Dokumente sind wichtig für ein erfolgreiches Asylgesuch.

Nicht nur Schlepper verdienen am Leid der syrischen Flüchtlinge, die dem Krieg in ihrer Heimat entrinnen wollen und auf ein neues Leben in Europa hoffen: Gefälschte oder echte syrische Pässe sind zu einer begehrten Ware auf dem Schwarzmarkt in Deutschland und anderen Ländern geworden. Auch in Bulgarien stellte die Polizei kürzlich 10.000 falsche syrische Pässe sicher. Die Dokumente werden für viel Geld an Interessenten verkauft, denn sie sind wichtig für ein erfolgreiches Asylgesuch im Westen.

Viele der rund zwei Millionen Syrer, die in den vergangenen Jahren in die Türkei kamen, haben keine gültigen Ausweispapiere mehr. Einige verloren ihre Pässe bei der Flucht, andere hatten nie Papiere: Die Kurden in Syrien zum Beispiel wurden von Damaskus lange nicht als Staatsbürger, sondern als Staatenlose betrachtet.

In anderen Fällen sind die Pässe längst abgelaufen – bei jungen syrischen Männern, die ihren Wehrdienst noch nicht abgeleistet haben, gilt der Pass nur zwei Jahre. Nur wenige Flüchtlinge wagen sich in die syrischen Botschaften oder Konsulate in der Türkei oder anderswo, um eine Verlängerung zu beantragen.

Lange Zeit war das kein großes Problem. Doch seit Deutschland und andere Staaten den syrischen Flüchtlingen die fast automatische Anerkennung ihres Asylgesuchs versprechen, sind syrische Pässe für die Flüchtlinge plötzlich sehr wichtig geworden und viel Geld wert.

Pässe westlicher Touristen werden gestohlen

Auch die Ausweise anderer Staaten werden auf dem Schwarzmarkt in Istanbul verkauft. Taschendiebe stehlen Pässe westlicher Touristen und geben sie an die Fälscherbanden weiter, die neue Namen eintragen und Fotos einpassen. Bis zu 20.000 Dollar muss der Interessent hinlegen, wenn er sich etwa einen amerikanischen Pass besorgen will.

Es geht auch billiger. Ein Reporter der türkischen Zeitung „Habertürk“ startete im Frühjahr einen Selbstversuch, bestellte bei Istanbuler Passfälschern einen Ausweis und handelte den Preis auf 500 Euro für einen finnischen Pass herunter. Zwei Tage später erhielt er das professionell gefälschte Dokument, in dem Helsinki als sein Geburtsort eingetragen war. 

1500 US-Dollar kostet ein gefälschter syrischer Pass

Ein finnischer oder deutscher Pass in den Händen eines syrischen Flüchtlings wirkt allerdings wenig glaubwürdig. Das ist einer der Gründe, warum syrische Pässe, die vor Ausbruch des Aufstands gegen Präsident Baschar al Assad kaum etwas wert waren, plötzlich zum illegalen Verkaufsschlager geworden sind. Rund 1500 US-Dollar muss ein Flüchtling laut Presseberichten für eine gute Fälschung hinlegen. Manche Familien verkaufen ihren Goldschmuck, um an das Dokument zu kommen. Einige Fälscher besorgen sich Blanko-Pässe und Stempel aus Syrien, andere produzieren ihre eigenen Passvorlagen, wieder andere arbeiten mit gestohlenen Ausweisen.

Nicht nur Syrer interessieren sich für syrische Pässe. Auch Flüchtlinge aus dem Irak, aus Afghanistan und aus Pakistan wollen auf informellem Wege zu Syrern werden, um sich auf diese Weise eine Anerkennung als Asylsuchender in Westeuropa zu sichern. Laut Presseberichten sagen neun von zehn Flüchtlingen, die von Mazedonien nach Serbien wollen, sie seien Syrer.

Zur Startseite