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Obwohl Transnistrien komplett von der Republik Moldau und der Ukraine umgeben ist, wollen die Bewohner der von Moldau abtrünnigen Region zu Russland gehören.

© AFP

Folgen der Ukraine-Krise: Transnistrien: Das Krisengebiet im Krisengebiet

Moskau und Kiew streiten über Transnistrien. Die von der Republik Moldau abtrünnige Region könnte der nächste Zankapfel zwischen Russland und der Ukraine werden.

Es ist ein wahres Feuerwerk von Zahlen, mit dem die staatsnahe Nachrichtenagentur Ria Nowosti die großen Manöver von Luftwaffe und Luftverteidigung an der Grenze zur Ukraine würdigt. Für die achttägige Übung, die am Montag begann, wurden ganze Einheiten aus mehreren Regionen verlegt. Kritische Beobachter erklären den Aufwand nicht nur mit anhaltenden Kämpfen zwischen Regierungstruppen und pro-russischen Separatisten in der Ostukraine, sondern auch mit der neuerlichen Eskalation des schwelenden Konflikts in Transnistrien.

Das vor allem von Russen und Ukrainern bewohnte linke Ufer des Dnestr wurde 1940 mit dem bis dato rumänischen Bessarabien zur Sowjetrepublik Moldawien vereinigt. Nach dem Ende von Sowjetmacht und Kommunismus verabschiedete sich die Slawen-Region 1992 in die Unabhängigkeit. Um die Integration von Rumpf-Moldawien in europäische Strukturen zu verhindern, stärkte Moskau den Separatisten den Rücken. Daran scheiterten diverse Vermittlungsversuche.

Transnistrien will Russland beitreten - und das schon lange

Bereits halb vergessen kam der Konflikt mit der Krim-Krise erneut in Fahrt. Gleich nach dem Russland-Beitritt der Schwarzmeerhalbinsel im März wurde auch Transnistrien, dessen Bevölkerung sich dafür schon 2006 mit deutlicher Mehrheit entschieden hatte, mit einem solchen Gesuch in Moskau vorstellig. Kremlchef Wladimir Putin, warnten dessen Kritiker, könnte das als Vorwand für die Annexion weiterer ukrainischer Gebiete nutzen. Um Transnistrien, das von der Ukraine und der Republik Moldau umschlossen ist und keine Grenze zu Russland hat, auf Dauer halten zu können, müsste er einen Korridor schlagen.

Kiew machte die Grenzen nach Transnistrien dicht

Kiew sah das offenbar genauso, machte seine Grenzen zunächst für männliche Bürger Transnistriens dicht, dann auch für den Transit von Waren, und begann Ende Juli damit, entlang der 450 Kilometer langen Grenze zu Transnistrien einen 3,5 Meter breiten und drei Meter tiefen Graben auszuheben. Mit den Baggern rückten Einheiten der regulären Armee an. Bewohner gaben im russischen Fernsehen zu Protokoll, sie hätten auf ukrainischer Seite schwere Artillerie, Scharfschützen und Panzerfahrzeuge gesichtet.

Kiews Vorbereitungen für den Einmarsch, liefen auf Hochtouren, warnte am Sonntagabend der transnistrische Separatistenchef Jewgeni Schewtschuk im russischen Staatsfernsehen. Zuvor hatte die Moskauer Tageszeitung „Nesawissimaja Gaseta“ von Plänen Washingtons berichtet, Ex-Sowjetrepubliken, die es in das westliche Verteidigungsbündnis Nato drängt – Georgien, Moldau und der Ukraine – ein Militärbündnis anzubieten. Es würde mit der Nato kooperieren, ohne sie aufzunehmen. Transnistriens Wiederangliederung an Moldau sei der erste „Bündnisfall“, hießt es weiter.

Erinnerungen an den Georgienkrieg 2008 werden wach

Ein Waffengang wie mit Georgien 2008 um die abtrünnige Region Südossetien wäre dann unvermeidlich. Zumal – anders als in der Ostukraine – die meisten Transnistrier bereits Bürger Russlands sind, zu deren Schutz Moskau verpflichtet ist. Ein Horrorszenario auch angesichts der riesigen Munitionslager aus Sowjetzeiten, die derzeit von russische Blauhelmen mit einem Mandat der UdSSR-Nachfolgegemeinschaft GUS bewacht werden. Dem hatten 1992 auch die Ukraine und Moldau zugestimmt. Dass Kiew den Stationierungsvertrag jetzt kündigen will, gilt Experten als böses Omen.

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