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Marine Le Pen am Sonntagabend.

© Reuters

Update

Frankreich: Marine Le Pen: "Ich bin die Kandidatin des Volkes"

Wer regiert künftig im Élysée-Palast? Das entscheidet wohl die Stichwahl am 7. Mai zwischen Emmanuel Macron und Marine Le Pen. Der FN schneidet so stark ab wie noch nie.

Nach dem ersten Wahlgang der französischen Präsidentschaftswahl an diesem Sonntag sehen alle Hochrechnungen den unabhängigen Kandidaten Emmanuel Macron vorne, auf Platz zwei ist Nationalistin Marine Le Pen. Die anderen Kandidaten haben nach Stand 20 Uhr keine Chance auf einen Einzug in die zweite Runde der Präsidentschaftswahl am 7. Mai. In dem zweiten Wahlgang wird demnach zwischen Macron und Le Pen der neue Staatschef bestimmt, dessen Befugnisse ausgesprochen groß sind. Die Wahl gilt als Richtungsentscheidung nicht nur für Frankreich, sondern auch für die gesamte EU.

Macron lag laut France 2 mit 23,7 Prozent vor Le Pen mit 21,7 Prozent. Die Hochrechnung von TF1 sah beide Kandidaten auf Augenhöhe mit 23 Prozent. Die 48-jährige Le Pen schnitt damit wesentlich besser ab als vor fünf Jahren, als sie im ersten Wahlgang 17,9 Prozent der Stimmen geholt hatte. Sie erreichte das beste Ergebnis des FN bei einer Präsidentschaftswahl überhaupt, zum zweiten Mal seit 2002 steht die Partei in der Stichwahl. Damals war Le Pens Vater, Jean-Marie Le Pen, im ersten Wahlgang mit 16,8 Prozent zweiter hinter dem Konservativen Jacques Chirac (19,9 Prozent) geworden. Im zweiten Wahlgang dann kam Jean-Marie Le Pen auf 16,2 Prozent, wohingegen Chirac von einer überwältigenden Mehrheit der Franzosen mit 82,2 Prozent der Stimmen zum Präsidenten gewählt wurde.

Le Pen hat angekündigt, ihr Land im Fall eines Sieges in der Stichwahl aus dem Euro führen und ein Referendum über die EU-Mitgliedschaft ansetzen. Eine gute Stunde nach Bekanntwerden der ersten Hochrechnungen sprach Marine Le Pen dann zu ihren Anhängern. Die Nationalistin strahlte vor Zufriedenheit. Sie sprach von einem "historischen Ergebnis" und appellierte an Frankreichs "Stolz", seine "Kultur, sein Erbe, seine Sicherheit", um die es jetzt gehe.  

Das "System" habe versucht "die große Debatte verstummen zu lassen", sagte die FN-Chefin. Aber das werde "nicht immer so weitergehen" kündigte sie unter dem Applaus der Parteigänger an. Le Pen präsentiert sich also weiter als Gegenkandidatin zu allem und einziges Bollwerk gegen "Globalisierung, totale Deregulierung, keine Grenzen, unfairen Wettbewerb, Massenmigration und Terrorismus". Sie will "das Frankreich mit Grenzen, das Arbeit und unsere Identität beschützen wird". Das sei es, um was es bei der Wahl gehe. Le Pen verspricha "eine wirkliche Erneuerung, anders als die katastrophalen Jahre Hollandes". Die Zeit sei gekommen, die "Franzosen zu befreien". Sie sei die Kandidaten "des Volkes". 

Der Linkspolitiker Jean-Luc Mélenchon erreichte am Sonntag laut den Sendern zwischen 19 und 19,5 Prozent, ebenso wie sein konservativer Widersacher François Fillon.

Nach dem jüngsten Anschlag am Donnerstag in Paris herrschte im Land große Nervosität. Die Tat hatte die Debatte um die Sicherheitspolitik neu angeheizt - und die Frage aufgeworfen, ob dies den Ausgang der Wahl beeinflussen könnte. Frankreich war seit 2015 mehrfach zum Ziel schwerer islamistischer Anschläge geworden. Zum ersten Mal nun wählte das Land unter Bedingungen des Ausnahmezustands. Laut Medienberichten wurden einige Wahllokale aus Sicherheitsgründen kurzzeitig geräumt, es habe sich aber um Fehlalarme gehandelt.

Alle der insgesamt elf Präsidentschaftskandidaten hatten bis zum Nachmittag ihre Stimme abgegeben. Macron wählte im nordfranzösischen Badeort Le Touquet, wo er und seine Frau Brigitte von begeisterten Anhängern empfangen wurden. FN-Chefin Le Pen gab ihre Stimme in der nordfranzösischen Stadt Hénin-Beaumont ab, wo ihre Partei Front National den Bürgermeister stellt. Dort demonstrierten Aktivistinnen der feministischen Gruppe Femen barbusig und mit Le-Pen-Masken gegen die Rechtspopulistin, wurden aber nach kurzer Zeit von Polizisten abgeführt.

Viele Franzosen gehen zur Wahl

Meinungsforschungsinstitute schätzten die Enthaltung auf insgesamt 19 bis 22 Prozent. Das wäre überraschend niedrig - viele Franzosen hatten sich bis zuletzt unentschlossen gezeigt. Bei der Wahl 2012 lag die Enthaltung bei 20,5 Prozent.

Vor vielen Wahllokalen bildeten sich lange Schlangen, unter anderem in Paris, aber auch vor französischen Auslandsvertretungen wie etwa in London. In Berlin gab es vor der Botschaft Wartezeiten von bis zu zwei Stunden.

Deutlich niedriger war die Beteiligung dagegen nordwestlich von Paris, in den Ardennen sowie im Département Sarthe nordwestlich der Hauptstadt, wo der Konservative Fillon seine Hochburg hat. Dort stimmten bis 17.00 Uhr rund 71 Prozent der Wähler ab, das waren sechs Prozentpunkte weniger als 2012.

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