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Politik: Friedrich spielt bei Presserecht auf Zeit

Bundesverwaltungsgericht hatte neue Regeln für Auskunftspflicht an Journalisten angemahnt.

Berlin - Die Bundesregierung will die vom Bundesverwaltungsgericht angemahnte Neuregelung des Presseauskunftsrechts auch weiterhin nicht entscheiden. „Letztlich wird erst eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts abschließende Klarheit in dieser Verfassungsfrage bringen“, sagte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums dem Tagesspiegel.

Das Bundesverwaltungsgericht hatte im Februar entschieden, dass die Auskunftsansprüche in den Pressegesetzen der Länder auf Bundesbehörden – die ihren Sitz im jeweiligen Land haben – nicht anwendbar seien. Demnach sind etwa die Ministerien oder Einrichtungen wie der Bundesrechnungshof bis zum Erlass neuer Gesetze nur nach einem grundrechtlichen „Minimalstandard“ zu Informationen verpflichtet. Journalistenverbände hatten dies als unzureichend kritisiert und eine Neuregelung gefordert. Die SPD legte einen Entwurf vor, der im Bundestag jedoch keine Mehrheit fand.

Friedrichs Ministerium vertritt dagegen die Ansicht, es bestehe auch gar kein dringender Handlungsbedarf. „An der bestehenden pressefreundlichen Praxis von Bundesbehörden zu Presseanfragen wird sich auch nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts nichts ändern, da sich die Bundesbehörden schon bisher an den Pressegesetzen der Länder orientiert haben“, sagte der Sprecher von Minister Hans-Peter Friedrich (CSU).

In ihrem Urteil hatten die Leipziger Bundesrichter einen verfassungsunmittelbaren Auskunftsanspruch aus der im Grundgesetz geschützten Pressefreiheit anerkannt, soweit nicht berechtigte schutzwürdige Interessen Privater oder öffentlicher Stellen der Vertraulichkeit von Informationen entgegenstehen. Die Richter hatten allerdings deutlich gemacht, dass die Auskunftsrechte der Presse gegenüber staatlichen Behörden oberhalb eines solchen „Minimalstandards“ garantiert werden sollten.

Der Streit hatte sich an der Klage eines Zeitungsreporters entzündet, der vom Bundesnachrichtendienst Auskünfte zur NS-Verstrickung früherer Mitarbeiter wollte. Das Bundesverwaltungsgericht wies ihn ab, weil den Ländern die Gesetzgebungskompetenz fehle, um Auskunftspflichten von Bundesbehörden zu regeln. Die Vorlage für diese Rechtsansicht kam aus dem Bundesinnenministerium.

Bei einer Anhörung im Bundestagsinnenausschuss im Mai hatten Experten das Urteil scharf als Verstoß gegen föderale Strukturen kritisiert, da das Presserecht grundsätzlich Sache der Länder sei. Mittlerweile hat der Reporter eine Verfassungsbeschwerde erhoben. Wann das Bundesverfassungsgericht über sie entscheidet, ist offen. Jost Müller-Neuhof

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