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Brüder im Geiste. Alexis Tsipras (links), neuer griechischer Premier, und der Chef der spanischen Partei Podemos, Pablo Iglesias, bei einer Wahlkampfveranstaltung in Athen.

© Reuters

Führt Sparpolitik doch zum Erfolg?: Spanien und Portugal sind nicht besser als Griechenland

Spanien, Portugal und Irland werden oft als Beispiele für das Funktionieren der Sparpolitik gelobt. Ein Blick auf die Zahlen aber zeigt: In Wahrheit haben sie sich das Sparen gespart. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Harald Schumann

Wenn die Apologeten der Eurokrisenpolitik ihr Konzept vom Wachstum durch Sparen verteidigen, dann verweisen sie gerne auf die iberische Halbinsel und auf Irland. Die Kürzung der Staatsausgaben und Senkung der Löhne hätten in allen Krisenländern außer in Griechenland zum Erfolg geführt, lautet die wiederkehrende Formel. In Hellas sei dies nur an der Inkompetenz der jetzigen Regierung gescheitert. Folglich gehe alle Kritik fehl, und komme sie auch von berühmten Ökonomen wie Thomas Piketty, Jeffrey Sachs oder Paul Krugman. „Irland, Portugal und Spanien“ seien „auf einem guten Weg“, erklärte etwa Ludger Schuknecht, Abteilungsleiter bei Finanzminister Schäuble. Dort seien die Staatsfinanzen gesundet, das Wachstum habe wieder eingesetzt und würde neue Jobs schaffen. Auch Griechenland sei „2014 auf einem gutem Weg“ gewesen, und das „Wachstum kehrte zurück“, behauptete Schuknecht.

Die Rezession hatte sich in Griechenland bloß verlangsamt

Das klingt plausibel – und ist doch grob irreführend. Das beginnt schon mit dem Ausmaß der verfügten Kürzungen. Von 2009 bis 2014 fielen in Griechenland unter dem Druck der Gläubiger die Ausgaben des Staates um mehr als 30 Prozent. Übertragen auf Deutschland wäre das mehr als der ganze Bundeshaushalt. In der Folge schrumpfte die griechische Wirtschaft um 27 Prozent, und anders als behauptet war sie 2014 keineswegs auf Wachstumspfad. Die Rezession hatte sich im Sommer mit der wachsenden Touristenzahl nur verlangsamt. Aber schon im vierten Quartal, als von Neuwahlen noch nicht die Rede war, schrumpfte die Wirtschaftsleistung erneut um 0,4 Prozent. Der „gute Weg“ war gar keiner.

Verglichen mit diesem Kahlschlag waren die Programme in den anderen Krisenstaaten sanft. Irland kürzte die Ausgaben im gleichen Zeitraum um neun Prozent, in Portugal und Spanien waren es nur sieben Prozent. Auch dies hat den wirtschaftlichen Einbruch in den drei Staaten verschärft, zumal die erzwungene „Liberalisierung des Arbeitsmarktes“ auch die Löhne erheblich drückte. Dass es auf der iberischen Halbinsel nicht weiter abwärts geht, hat jedoch nichts mit einer märchenhaften „Gesundung“ zu tun. Der Grund ist viel simpler: Die Regierungen sparten sich das Sparen.

So verabschiedete sich die konservative spanische Regierung schon 2013 in aller Stille von der Kürzungspolitik, und prompt setzte die Konjunktur wieder ein. Die Arbeitslosenquote liegt zwar noch immer bei 22 Prozent. Aber die Richtung stimmt. Dafür allerdings bediente sich Finanzminister de Guindos ungeniert am Kapitalmarkt. Er hatte versprochen, 2014 nur noch neue Kredite in Höhe von 2,8 Prozent der Wirtschaftsleistung aufzunehmen. Tatsächlich waren es mit 5,8 Prozent mehr als doppelt so viel und weit mehr als in Griechenland. Doch die Eurogruppe lässt Madrid gewähren. Ein drohender Regierungswechsel in Spanien wiegt wohl schwerer als das Spardogma.

Ähnlich verläuft die angebliche Erfolgsgeschichte in Portugal. Dort stoppte das Verfassungsgericht 2012 weitere Kürzungen im öffentlichen Dienst, weil diese nach Meinung der Richter die Last der Anpassung zu ungerecht verteilte. Seitdem schrumpft Portugals Wirtschaft zumindest nicht mehr und die Arbeitslosigkeit sinkt. Der wichtigste Grund dafür ist allerdings die anhaltende Auswanderungswelle. Woche für Woche verlassen rund 1000 Portugiesen ihr Land.

Ein Geschenk, von dem die Griechen nur träumen können

Das gleiche Phänomen plagt auch Irland. Aber die grüne Insel verfügt mit den Europazentralen vieler amerikanischer Elektronik- und Pharmakonzerne über eine starke Exportbasis. Mit dieser US-Enklave hat die irische Wirtschaft am Aufschwung in Nordamerika teil. Erhöhte Exporte gleichen die geschrumpfte Binnennachfrage teilweise aus. Hinzu kommt noch ein Geschenk, von dem die Griechen nur träumen können. Auch Irlands Schuldenlast, verursacht durch die Rettung von fünf Pleitebanken, war nicht tragfähig. 31 Milliarden Euro davon, entsprechend fast 20 Prozent der Wirtschaftsleistung, kamen von der Zentralbank. Eigentlich hätte Irland sie längst zurückzahlen müssen, weil die Staatsfinanzierung mit der Notenpresse in Euroland verboten ist. Aber die Iren verwandelten die Zahlungspflicht kurzerhand in Anleihen, die sie erst ab 2038 tilgen werden – und die EZB ließ sie gewähren. Seitdem geht es aufwärts in Dublin.

So belegen die proklamierten Erfolge der Euroretter das Gegenteil ihrer These. Nicht die Sparpolitik, sondern deren Ende einschließlich Schuldenstreckung ist die beste Methode, die Krise zu überwinden.

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