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In der Residenz Muammar Gaddafis fanden die Rebellen Gewehre vom Typ G36 der deutschen Firma Heckler & Koch. Jetzt ermittelt die Staatsanwaltschaft. Die Waffen hätten sich niemals im Besitz des libyschen Regimes befinden dürfen. Die Spur führt nach Ägypten.

© dpa

Gaddafi besaß deutsche Waffen: Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Heckler & Koch

Trotz eines Waffenembargos sind Gewehre des deutschen Herstellers Heckler & Koch in die Hände des Gaddafi-Regimes gelangt. Um den Tod des gestürzten libyschen Machthabers ranken sich nach wie vor Gerüchte. Eine Autopsie schafft Klarheit.

Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen den Waffenproduzenten Heckler & Koch wegen des Verdachts auf Lieferungen an Libyen. “Wir ermitteln gegen Verantwortliche der Firma wegen Verstoßes gegen das Kriegswaffenkrontrollgesetz“, sagte die Stuttgarter Staatsanwältin Claudia Krauth dem Nachrichtenmagazin “Der Spiegel“. Die libyschen Rebellen hatten G36-Gewehre von Heckler & Koch erbeutet, als sie Ende August Tripolis eroberten. Die Waffen wurden beim Sturm von Rebellen auf eine Gaddafi-Residenz entdeckt. Viele Gewehre seien noch verpackt gewesen. Libyen unter dem mittlerweile getöteten Machthaber Muammar Gaddafi unterlag aber einem Waffenembargo.

Heckler & Koch aus dem baden-württembergischen Oberndorf erklärte am Sonntag, die Lieferung stamme aus einer Tranche, die 2003 mit Genehmigung deutscher Behörden für Ägypten bestimmt gewesen sei. Wie sie nach Libyen gelangten, sei unbekannt. Nach Darstellung des “Spiegel“ handelt es sich dabei um 608 Gewehre und 500.000 Schuss Munition. Heckler & Koch begrüßte, dass die Bundesregierung deswegen ein Auskunftsersuchen an Ägypten gestellt habe. Zudem habe man bereits im Sommer wegen der Funde Anzeige gegen unbekannt erstattet.

Entgegen früheren Ankündigungen ist der Leichnam des getöteten libyschen Machthabers Muammar el Gaddafi doch obduziert worden. Ein Sprecher des Militärrats von Misrata teilte am Sonntag mit, die Autopsie sei am Morgen vorgenommen worden. Ursprünglich sei das nicht vorgesehen gewesen, sagte Fathi Baschaga der Nachrichtenagentur AFP. „Aber Tripolis hat uns darum gebeten und wir wollen die Dinge korrekt machen“, fügte er hinzu.

Muammar Gaddafi ist nach Angaben eines an der Autopsie beteiligten Arztes einer Schussverletzung erlegen. Die Todesursache sei ziemlich eindeutig, sagte der Arzt der Nachrichtenagentur Reuters am Sonntag. Ob es sich bei der tödlichen Schussverletzung um die offensichtliche Kopfwunde an Gaddafis Leichnam handelt, ließ der Mediziner offen. Die Autopsie sei noch nicht ganz abgeschlossen. Einige Punkte müssten noch geklärt werden, bevor der Bericht der Staatsanwaltschaft übergeben werden könne, fügte der Arzt hinzu. “Aber alles wird veröffentlicht. Nichts wird verheimlicht.“

Libyens Nationaler Übergangsrat hatte zuvor mitgeteilt, dass es keine Autopsie geben werde. Gaddafi war am Donnerstag in seiner Heimatstadt Sirte nach einem NATO-Angriff auf seinen Konvoi offenbar lebend gefangen genommen, dann jedoch unter bislang ungeklärten Umständen getötet worden.

Die Forderungen aus aller Welt nach einer Klärung der Todesumstände Gaddafis hielten unterdessen an. Nach Angaben des Übergangsrats starb er bei einem Kreuzfeuer zwischen seinen Anhängern und seinen Gegnern. Anderen Berichten zufolge wurde Gaddafi Opfer eines Lynchmords. Gaddafis Leiche wurde danach nach Misrata gebracht, wo sie in der Kühlhalle eines Einkaufszentrums am Stadtrand ausgestellt wurde.

Lesen Sie auf der nächsten Seite, wie der Nationale Übergangsrat den Neuanfang in Libyen begehen will.

In Libyen beginnt am Sonntag nunmehr auch offiziell eine neue Ära. Nach dem Tod von Ex-Diktator Muammar al-Gaddafi will der Vorsitzende des Übergangsrates, Mustafa Abdul Dschalil, in Bengasi die vollständige Befreiung seines Landes verkünden. Nicht bekannt war, ob zu den Feierlichkeiten auch Politiker aus dem Ausland erwartet wurden. Bei einer Konferenz in Jordanien sagte Übergangs-Regierungschef Mahmud Dschibril, der Sturz Gaddafis habe zur Wiedergeburt des nordafrikanischen Landes geführt, doch werde der Wiederaufbau eine sehr schwierige Aufgabe sein.

Noch vor den Feiern wurde der Streit um die Leiche des Ex-Diktators vorerst beigelegt. Die Leichen Gaddafis und seines Sohnes Mutassim sollen nun an Angehörige übergeben werden statt wie ursprünglich geplant, an einem unbekannten Ort vergraben zu werden.

Libyens Nachbarland Algerien weist Gaddafis zweite Ehefrau Safija sowie Tochter Aischa und weitere Familienangehörige aus. Nach Medienberichten würden letzte Einzelheiten noch mit einem nicht näher bezeichneten Golfstaat geklärt.

Gaddafi ist nach einem „Spiegel“-Bericht offenbar mit deutscher Geheimdiensthilfe aufgespürt worden. Seit Wochen schon sei dem Bundesnachrichtendienst (BND) der genaue Aufenthaltsort Gaddafis in dessen Heimatstadt Sirte am Mittelmeer bekannt gewesen, schreibt das Nachrichtenmagazin. Der BND dementierte den Bericht am Samstagabend. Der BND habe nicht gewusst, dass sich Gaddafi am besagten Tag in Sirte aufgehalten habe, sagte BND-Sprecher Dieter Arndt der Nachrichtenagentur dpa. „Die Geschichte ist eine freie Erfindung.“

Die neue Zeitrechnung soll in Libyen jetzt mit einem Tag Verspätung am Sonntagnachmittag 15.00 Uhr (MESZ) beginnen. Der Chef des Übergangsrates, Mustafa Abdul Dschalil, will eine feierliche Erklärung zur vollständigen Befreiung des Landes auf dem Hauptplatz in Bengasi abgeben. Nach der Feier soll binnen 30 Tagen eine provisorische Regierung gebildet werden. Diese solle dann bis Juni 2012 Wahlen zu einer verfassungsgebenden Versammlung vorbereiten, kündigte Dschalil an. Dieses Gremium wiederum soll eine Verfassung ausarbeiten, auf deren Grundlage dann innerhalb eines Jahres ein Parlament und ein Präsident gewählt werden.

Für Aufsehen sorgte zwei Tage nach dem Tod Gaddafis die Nachricht, dass der Ex-Diktator angeblich ein Vermögen in Höhe von mehr als 200 Milliarden Dollar (144 Milliarden Euro) beiseite geschafft hat. Dies sei doppelt soviel, wie westliche Regierungen bisher angenommen hätten, meldete die „Washington Post“ am Samstag unter Berufung auf hochrangige libysche Offizielle. (AFP/dpa/rtr)

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