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Russlands Präsident Wladimir Putin und das Olympische Feuer.

© dpa

Gauck, Reding und Co.: Boykott des Boykotts

Während Bundespräsident Joachim Gauck und EU-Justizkommissarin Viviane Reding nicht nach Sotschi fahren, halten andere Politiker nichts vom Boykott. Auch Berlins Innensenator Frank Henkel will fahren und Probleme vor Ort ansprechen. Der bayerische Sportminister bleibt lieber zuhause. Aber aus anderen Gründen.

Bundespräsident Joachim Gauck ist nicht mehr allein mit seinem Boykott der Olympischen Winterspiele in Sotschi. Auch EU-Justizkommissarin Viviane Reding kündigte an, die Wettkämpfe nicht zu besuchen. Anders als Gauck begründet sie das offensiv mit dem russischen Umgang mit Menschenrechten. Im Kurznachrichtendienst Twitter schrieb sie gestern: „Ich werde sicherlich nicht nach Sotschi fahren, solange Minderheiten so behandelt werden wie unter der derzeitigen russischen Gesetzgebung.“ Der Bundespräsident hat zwar Berichte bestätigt, wonach er nicht nach Russland fahren werde, aber einen Zusammenhang mit der Menschenrechtspolitik noch unkommentiert gelassen.

Bei den zuständigen Sportministern zeichnet sich ein unterschiedliches Bild ab. Im Bundesinnenministerium bereitet man sich bereits auf eine Reise des Ministers nach Sotschi vor. Zwar ist noch unklar, wer dann reisen wird, aber vieles deutet darauf hin, dass Hans-Peter Friedrich (CSU) auch in einer großen Koalition Innen- und damit auch Sportminister bleiben wird. Dagegen wird sein bayerischer Amtskollege Joachim Herrmann (CSU) nicht nach Sotschi reisen, wie das bayerische Innenministerium dem Tagesspiegel bestätigte. Allerdings, heißt es, sei das auch nicht geplant gewesen. Nur wenn sich die Münchner für eine Olympia-Bewerbung entschieden hätten, wäre Herrmann vermutlich nach Sotschi gefahren, um sich ein Bild von der Organisation zu machen. Doch die Münchner lehnten eine Olympia-Bewerbung ab – und deshalb will man jetzt lieber größtmögliche Distanz zu dem Thema. Dies ist insofern verwunderlich, da ein beträchtlicher Teil der Athleten aus Bayern kommt. Kommentieren will Herrmann das Verhalten von Gauck nicht.

Henkel: "Probleme, die es zweifelsfrei gibt, vor Ort ansprechen."

Berlins Innensenator Frank Henkel (CDU) wird hingegen nach Sotschi reisen. Er kündigte aber an, dort die Schwierigkeiten ansprechen zu wollen. „Als Sportsenator werde ich selbstverständlich nach Sotschi reisen. Es ist mir wichtig, unsere Sportlerinnen und Sportler, die sich monatelang auf diese Spiele vorbereitet haben, persönlich zu unterstützen“, sagte Henkel dem Tagesspiegel. Gleichzeitig verwies er aber auf die Schwierigkeiten, die es in Russland gebe. „Ich bin auch der Auffassung, dass die Probleme, die es zweifelsfrei gibt, vor Ort angesprochen werden sollten.“ Die Entscheidung des Bundespräsidenten, nicht nach Sotschi zu reisen, nehme er „mit dem gebotenen Respekt“ zur Kenntnis. „Er wird das mit Bedacht abgewogen und entschieden haben“, sagte Henkel.

Unterstützung für Gauck und Reding kommt von der Vorsitzenden des Menschenrechtsausschusses im EU-Parlament, Barbara Lochbihler (Grüne). Sie sagte am Dienstag im Deutschlandfunk, es sei „gut, dass man nicht hinfährt nach Russland“. So könne ein „politisches Signal“ gesetzt werden, dass Russland seine Menschenrechtspolitik ändern müsse. Einen sportlichen Boykott der Spiele würde sie aber für falsch halten, betonte Lochbihler.

Kritik kommt wiederum von der SPD. Der außenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Rolf Mützenich, sagte Handelsblatt Online, dass er zwar Respekt vor der persönlichen Entscheidung des Bundespräsidenten habe. „Man muss aber unterscheiden: Die An- oder Abwesenheit offizieller Vertreter bei sportlichen Großveranstaltungen sollte nicht mit der Frage verwechselt werden, ob wir mit anderen Ländern außenpolitisch zusammenarbeiten müssen“, sagte Mützenich. Gleichwohl ist der SPD-Politiker der Ansicht, dass die russische Innenpolitik „zweifellos“ allgemeine Menschenrechtsstandards missachte. „Darauf hinzuweisen ist berechtigt und notwendig“, sagte der SPD-Politiker.

Der Protest richtet sich vor allem gegen den Umgang Russlands mit Oppositionellen und das umstrittene Anti-Homosexuellen-Gesetz. Bürgerrechtler riefen Sportler und Politiker wiederholt zu einem Boykott des Sportereignisses auf, um ein Zeichen gegen die Politik von Präsident Wladimir Putin zu setzen.

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