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Ex-Kanzler Gerhard Schröder.

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Update

Gegen "Pegida": Gerhard Schröder fordert "Aufstand der Anständigen"

Gerhard Schröder beteiligt sich an der Debatte um den Umgang mit "Pegida". Der Ex-Kanzler fordert einen "Aufstand der Anständigen". Und auch bei anderen wird der Widerstand nun größer.

Von Katrin Schulze

Die Worte werden drastischer, und kaum ein Politiker hält sich mehr zurück, wenn es um "Pegida" geht. Auch Gerhard Schröder schaltet sich jetzt ein in die Debatte um den Umgang mit der anti-islamischen Bewegung. Der SPD-Mann fordert nicht weniger als einen "Aufstand der Anständigen", den es während seiner Kanzlerschaft schon einmal gegeben hatte. Im Jahr 2000 war es, als Schröder unter diesem Schlagwort nach einem Brandanschlag auf eine Düsseldorfer Synagoge zum Protest gegen Rechts aufgerufen hatte. "In Berlin haben damals 200.000 Menschen gegen Ausländerfeindlichkeit und Antisemitismus protestiert, und selbstverständlich sind Bundespräsident und Bundeskanzler vorneweg marschiert", sagte Schröder im Gespräch mit dem Magazin "Couragiert". "So eine öffentliche Reaktion brauchen wir auch jetzt."

Es sei großartig, dass so viele Menschen in Dresden und anderswo "gegen diesen kruden Haufen, der sich 'Pegida' nennt, auf die Straße gehen". Aber diese Bürger bräuchten mehr Unterstützung. "Das ist eine Aufgabe und Verpflichtung für diejenigen, die heute in politischer Verantwortung stehen. Die demokratischen Parteien müssen da eine klare Kante zeigen, das tun gerade die Parteien rechts der Mitte zu wenig."

Grünen-Chef Cem Özdemir äußert sich ähnlich deutlich. Dass ein Dialog mit den "Pegida"- Demonstranten sinnvoll ist, glaubt er nicht. Im Gegenteil, von "so einer weinerlichen Haltung" halte er nichts, sagte Özdemir dem RBB-Sender Radio eins. "Klartext ist angesagt und nicht dieses Gesülze, was ich da zum Teil höre von manchen Kollegen von mir." Er verstehe, wenn jemand seine Sorgen zum Ausdruck bringen wolle. "Aber man hat schon auch die Aufgabe zu schauen, welche Parolen neben einem gerufen werden und was auf den Plakaten steht, neben denen man läuft", sagte Özdemir.

Gläubige appellieren für Toleranz

Der in Deutschland geborene Politiker mit türkischen Wurzeln warf den Demonstranten pauschale Ablehnung von Migranten und Muslimen vor. Sie wollten die deutsche Gesellschaft ändern. "Ich sehe nicht, dass man da ernsthaft politische Konzessionen machen könnte. Welcher Art denn? Da ist bitte schön angesagt, dass der Rechtsstaat sich auf seine Hinterfüße stellt und sagt: Deutschland ist eine offene Gesellschaft."

Der Aufruf.
Der Aufruf.

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Aber nicht nur innerhalb der Politik, sondern auch bei den Gläubigen formiert sich heftiger Widerstand gegen "Pegida" - und zwar gemeinsam von Christen, Muslime, Juden, Buddhisten, Hinduisten, Sikhs, Bahá’í, Sufis und Mitgliedern anderer Religionen, die einen gemeinsamen Aufruf gestartet haben. Sie alle beschäftigt die "Pegida"-Bewegung in Deutschland. "Wir beobachten mit großer Sorge, dass Demonstrationen und Kundgebungen von Gruppen wie den 'Patrioten Europas gegen die Islamisierung des Abendlandes ('Pegida')" an Zulauf gewinnen", steht in dem Appell.

Innerhalb von drei Tagen haben ihn inzwischen mehr als 70 Mitgliedern verschiedener Religionsbekenntnisse unterzeichnet. Initiator ist der Koordinierungskreis des Berliner Forums der Religionen, das sich zum Ziel gesetzt hat, den Dialog der Religionsgemeinschaften und der Zivilgesellschaft zu fördern. Die Tatsache, dass "in Deutschland wieder Flüchtlingsunterkünfte und Gotteshäuser bedroht und angegriffen werden" treibt die Mitglieder ebenso um wie die Furcht vor einer "zunehmenden Gewaltbereitschaft".

"Gegen Verunglimpfung"

So heißt es in der Stellungnahme weiter: "Als Menschen aus verschiedenen Religionsgemeinschaften wenden wir uns in aller Deutlichkeit gegen die Stigmatisierung und Verunglimpfung von Religionsgemeinschaften oder von Angehörigen religiöser Gruppen, namentlich des Islams."

Die Unterstützer des Aufrufs machen klar, dass Religionen für Frieden und Gutes stehen - und dass Menschen, die aus vermeintlich religiösen Gründen Hass verbreiten, gegen die Grundsätze ihrer Religion handelten. Im Gegensatz dazu soll das Engagement der Unterzeichner ein deutliches Zeichen für Toleranz und Solidarität setzen. "Wir sind der festen Überzeugung, dass die Religionsfreiheit ein hohes Gut ist. Darum treten wir entschlossen für ein friedliches, gleichberechtigtes und solidarisches Zusammenleben ein", heißt es. "Wir laden alle Menschen ein, mit uns in unseren Kirchen, Synagogen, Moscheen, Tempeln und Gebetsräumen darüber ins Gespräch zu kommen." (mit dpa)

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