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Journalisten fragen, der Staat schweigt oft – jedenfalls bei heiklen Themen.

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Gerichtsbeschluss zur Pressefreiheit: Wie Journalisten besser an Informationen kommen können

Wenn Regierung und Ministerien Auskünfte zu aktuellen Themen verweigern, hilft der Presse oft nur noch ein Eilverfahren vor den Verwaltungsgerichten. Das muss einfacher werden, verlangt jetzt das Bundesverfassungsgericht. Eine wichtige Frage aber ließen die Richter offen.

Berlin - Regierung, Ministerien und Bundesbehörden sind gegenüber der Öffentlichkeit selten auskunftsfreudig, wenn es um brisante Themen geht. Doch jetzt hat das Bundesverfassungsgericht die Rechte von Journalisten gestärkt, denen Auskünfte bei aktuellen Recherchen verweigert werden und die sie deshalb vor Gericht zügig einklagen wollen: An den Eilrechtsschutz bei presserechtlichen Auskunftsansprüchen dürften keine überhöhten Anforderungen gestellt werden, entschieden die Richter in einem am Dienstag veröffentlichten Beschluss (1 BvR 23/14). Ein gesteigertes öffentliches Interesse und ein starker Gegenwartsbezug der geplanten Berichterstattung müssen künftig dafür reichen.

Hintergrund des Verfahrens war eine Auskunftsklage des Tagesspiegels gegen den Bundesnachrichtendienst (BND). Der für die Auslandsaufklärung zuständige Geheimdienst sollte darlegen, weshalb die Bundesregierung in Kenntnis syrischer Giftgasprogramme noch bis 2011 den Export chemiewaffengeeigneter sogenannter Dual-Use-Güter aus Deutschland genehmigt hat. Der BND blockte alle Anfragen ab, eine Eilklage wies das Bundesverwaltungsgericht vor einem Jahr zurück. Der Presse sei zumutbar, den Ausgang eines Hauptsacheverfahrens abzuwarten – sie könne ja später noch über die Sache berichten, hieß es. Eilrechtsschutz gebe es „allenfalls“, wenn Fragen einer sofortigen Klärung bedürften, etwa bei Hinweisen auf „schwere Rechtsbrüche staatlicher Stellen“ oder Gemeinwohlgefahren.

Das sind Anforderungen, die kaum ein Recherche-Anliegen erfüllen kann. So scheiterten etwa bayerische Journalisten daran, weitere Aufklärung in der Verwandtenaffäre um Beschäftigungsverhältnisse im Landtag gerichtlich durchzusetzen. Denn der Münchner Verwaltungsgerichtshof hatte die neuen Maßstäbe der Bundesrichter ausdrücklich übernommen. Seitdem war in Bayern keine Eilklage recherchierender Journalisten mehr erfolgreich. Die Karlsruher Richter haben eine Beschwerde des Tagesspiegels gegen den Beschluss zwar jetzt nicht angenommen, aber trotzdem dessen Maßstäbe korrigiert: Es sei „bedenklich“, wenn die Presse regelmäßig Aktualitätseinbußen hinzunehmen hättee und der Eilrechtsschutz auf Ausnahmefälle beschränkt bliebe. Der Presse stehe es grundsätzlich frei, selbst zu entscheiden, ob sie zeitnah berichten will. Das Bundesverwaltungsgericht habe dieses Selbstbestimmungsrecht mit Blick auf die Pressefreiheit unverhältnismäßig begrenzt.

Eine wichtige, auch politisch umstrittene Frage ließen die Richter jedoch offen. Kann der BND überhaupt zu umfangreichen Auskünften verpflichtet werden? Das Bundesverwaltungsgericht hatte ebenfalls die Presse-Auskunftsansprüche gegen Bundesbehörden im Februar 2013 auf einen „Minimalstandard“ zusammengekürzt. Für die SPD war das kurzzeitig ein untragbarer Zustand, sie legte vor der Bundestagswahl noch einen Gesetzentwurf vor, der dies ändern sollte. In den späteren Koalitionsverhandlungen war davon keine Rede mehr. Nun muss das Verfassungsgericht auch darüber noch entscheiden.

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