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US-Präsident Donald Trump erntet viel Kritik.

© Monsivais/ dpa

Gewalt in Charlottesville: Trump verliert Unterstützung in eigenen Reihen

Der US-Präsident verliert nach der Rechtfertigung rechtsradikaler Demonstranten an Unterstützung. Auch Republikaner fordern eine klare Distanzierung.

US-Präsident Donald Trump verliert nach seiner öffentlichem Rechtfertigung rechtsradikaler Demonstranten an Unterstützung. Der neue Stabschef John Kelly, ein führender Realpolitiker im Weißen Haus, hatte Trumps Äußerung in New York mit steinernem Gesicht verfolgt. Wirtschaftsberater Gary Cohn soll sehr verärgert auf Trumps Worte reagiert haben. Mitarbeiter im Weißen Haus seien niedergeschlagen und wütend, berichtete die Nachrichten-Webseite „Axios“.

Politiker aus allen Lagern forderten am Mittwoch (Ortszeit) eine Verurteilung und klare Distanzierung Trumps von Rassismus. Auch prominente Republikaner wie Paul Ryan, der Präsident des Repräsentantenhauses, sowie mehrere Senatoren äußerten zum Teil scharfe Kritik. Niemand dürfe Rechtsextremismus, Hass und Rassismus tolerieren, schon gar nicht der amerikanische Präsident, erklärte Senator Jerry Moran. Der Gouverneur von Ohio, John Kasich, nannte die Äußerungen des Präsidenten „erbärmlich“. Die beiden früheren US-Präsidenten George H.W. Bush und George W. Bush erklärten gemeinsam, die USA müssten "rassistischen Fanatismus, Antisemitismus und Hass immer und in jeglicher Form zurückweisen".

"Nicht alle dieser Leute waren Neonazis"

In Charlottesville im Bundesstaat Virginia waren am Samstag bei einer Demonstration von Rechten eine Frau getötet und 19 weitere Menschen von einem mutmaßlichen Neonazi verletzt worden. Nachdem Trump in einer ersten Stellungnahme am Samstag scharfe Kritik an den Rechtsradikalen vermieden und damit einen Sturm der Entrüstung ausgelöst hatte, ruderte er am Montag unter dem Druck der Öffentlichkeit mit einer ausdrücklichen Verurteilung von Neonazis zurück. 24 Stunden später folgte im Trump Tower die erneute Kehrtwende.

"Nicht alle dieser Leute waren Neonazis", sagte er. Linke Gegendemonstranten seien "sehr gewalttätig" gegen die rechten Demonstranten vorgegangen. Trump beschimpfte die Journalisten, überhäufte sich selbst mit Eigenlob und stellte die in Charlottesville aufmarschierten Rechtsradikalen auf eine Stufe mit Gegendemonstranten. Mit dieser neuen Stellungnahme im Trump Tower von New York verließ der Präsident den Konsens der bürgerlichen Politik der USA. Die Relativierung rechtsextremistischer Gewalt durch den Präsidenten der Vereinigten Staaten ist ein bisher noch nie dagewesener Tabubruch.

Trump habe damit sein wahres Gesicht gezeigt, analysierte die „Washington Post“. Mit dem geäußerten Verständnis für die rechten Demonstranten von Charlottesville verdeutlicht der Präsident, dass es ihm in dem Streit vor allem um die Gefolgschaft rechter Wähler geht. Er lehnt damit die klassische Aufgabe des Präsidenten ab, der das Land in Zeiten der Krise zusammenführen soll. Nach seinem Bekenntnis zugunsten der radikalen Rechten dürfte es für Trump auch schwieriger werden, wichtige Gesetzentwürfe durch den Kongress zu bekommen. Trumps Auftritt in New York sei ein Wendepunkt im Verhältnis zwischen dem Präsidenten und den Republikanern im Parlament gewesen, meldete die Nachrichten-Website „Axios“.

Wirtschaftsbeirat wurde aufgelöst

Aus Protest gegen Trumps Stellungnahmen erklärten so viele wichtige Unternehmer ihren Austritt aus zwei Wirtschaftsbeiräten des Präsidialamtes, dass Trump die Gremien am Mittwoch auflöste. Vertreter der Wirtschaft wenden sich ebenfalls von Trump ab. Mehrere Leiter von Großkonzernen, darunter die Chefs des Pharmakonzerns Merck, des Chip-Herstellers Intel und des Lebensmittel-Riesen Campbell, traten aus Protest gegen Trumps Haltung nach der Gewalt von Charlottesville aus zwei Wirtschaftsbeiräten des Präsidialamts aus. Um der Selbstauflösung der Beiräte zuvorzukommen, erklärte Trump die Arbeit der Gremien für beendet. Erst am Vortag hatte Trump erklärt, er könne jedes zurückgetretene Mitglied der Beiräte leicht ersetzen.

US-Medien berichteten, das Weiße Haus habe republikanische Politiker aufgefordert, in öffentlichen Äußerungen die These des Präsidenten zu bestätigen, wonach sowohl rechte Protestierer als auch Gegendemonstranten für die Gewalt in Charlottesville verantwortlich gewesen seien. Lob erhielt Trump allerdings nur vom rechten Rand. Er sei „wirklich stolz“ auf den Präsidenten, erklärte Richard Spencer, der Gründer der so genannten Alternativen Rechten, die sich an den Protesten in Charlottesville beteiligt hatte. David Duke, ein ehemaliger Anführer des rassistischen Ku-Klux-Klans, dankte Trump für „Ehrlichkeit und Mut“, die er an den Tag gelegt hatte. Für das kommende Wochenende sind neue Kundgebungen rechtsradikaler Gruppen geplant. (mit dpa)

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