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DGB-Chef Michael Sommer.

© Mike Wolff

Gewerkschaften: DGB-Vorsitzender Sommer will mit Piraten-Chef Nerz diskutieren

Erst stänkerte Michael Sommer gegen die Piratenpartei. Es ging um deren Forderung nach einem bedingungslosen Grundeinkommen und Urheberrechtsfragen. Demnächst will er sich mit Piratenchef Sebastian Nerz zum Gespräch treffen.

Von Matthias Meisner

Verärgert waren gleich zwei Parteien. Vor wenigen Tagen hat DGB-Chef Michael Sommer wieder einmal die parteipolitische Unabhängigkeit der Gewerkschaften betont und erklärt, es werde vor 2013 keine Wahlempfehlung geben. „Wir stellen unsere Themen in den Vordergrund – und daran messen wir die Parteien und ihre Programme“, sagte er der „Welt“. Dann aber gab Sommer, selbst Inhaber eines SPD-Parteibuchs, sowohl Linkspartei als auch den Piraten eins mit. Die Linke sei „mit der jetzigen Programmatik“ im Bund „nicht regierungsfähig“ und auch gar nicht bereit, Regierungsverantwortung in einer Koalition zu übernehmen. Den Piraten warf der DGB-Chef vor, mit ihrer Forderung nach einem bedingungslosen Grundeinkommen Arbeit zu missachten. „Auch beim Urheberrecht und der Freiheit des Internets bin ich teilweise anderer Meinung als die Piraten. Man sollte geistiges Eigentum achten. Klauen ist Klauen – auch im Netz.“

Jetzt ist mit der einen attackierten Partei eine Art Aussöhnung geplant. Sommer und der Piratenpartei-Vorsitzende Sebastian Nerz suchen gerade nach einem Gesprächstermin, wie DGB-Sprecherin Sigrid Wolff dem Tagesspiegel bestätigte. Der DGB wünsche, dass dieses Treffen „zeitnah“ stattfinde, womöglich also im März oder April. Auch Piraten-Sprecher Aleks Lessmann bestätigte den Plan. Nerz hatte zuvor erklärt, er wolle mit Sommer „gern diskutieren“, warum das bedingungslose Grundeinkommen angeblich Arbeit missachte. Schließlich sichere das Grundeinkommen nur gute Arbeit und eine Ordnung, die Flexibilität und Sicherheit ermögliche – und nichts anderes verlange doch der DGB. Und was das Klauen im Netz betrifft: „Insbesondere die weit verbreitete Behauptung, dass uns der Urheber eines Werkes egal sei, sollte richtiggestellt werden“, meint Nerz.

Aus der DGB-Spitze heißt es zu dem Konflikt, es gehe nicht um einen Grundsatzstreit mit einzelnen Parteien, sondern um die Auseinandersetzung in der Sache. Das bedingungslose Grundeinkommen werde von Sommer kritisiert, egal wer nun diese Forderung erhebe. Zum Urheberrecht hatte der DGB-Bundeskongress im Mai einen Beschluss gefasst. Darin wird kritisiert, Urheberrechtsverletzungen würden „bisher oft nicht wirksam bekämpft“. Andererseits sei eine „Totalüberwachung des Internetverhaltens“ von Bürgern wegen der massiven Eingriffe in den Datenschutz „kein geeignetes Mittel“.

Die Linkspartei derweil bleibt genervt. Sie verdächtigt Sommer, die Möglichkeit eines rot-rot-grünen Bündnisses nach der Bundestagswahl 2013 bereits abgeschrieben zu haben. Linken-Parteichef Klaus Ernst sagte dem Tagesspiegel: „Ein Gewerkschaftschef ist mit Sicherheit gut beraten, sein Parteibuch bei Interviews zu Haus zu lassen. Wir brauchen in der kommenden Wirtschaftskrise keine vorschnellen Ausgrenzungsrituale, sondern ein breites Bündnis für sozialen Fortschritt.“ Die Gewerkschaften hätten da „eine wichtige Scharnierfunktion“, die sie aber nur dann wahrnehmen könnten, wenn sie überparteilich Interessen von Arbeitnehmern und Rentnern vertreten. Und Michael Schlecht, der gewerkschaftspolitische Sprecher der Linken, sagte, Sommer habe immer noch nicht hinreichend verinnerlicht, dass er „im Hauptjob“ einer Einheitsgewerkschaft vorstehe.

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