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Es gibt Hinweise auf den Einsatz von Giftgas durch die syrischen Rebellen.

© Reuters

Update

Giftgas im syrischen Bürgerkrieg?: UN-Ermittler distanzieren sich von del Pontes Aussagen

Die UN-Sonderkommission kann den Giftgaseinsatz durch syrische Rebellen im Kampf gegen die Regierungstruppen nicht bestätigen. Gewissheit darüber gibt es allerdings noch nicht. Indessen ruft Ban Ki-moon zur "maximalen Ruhe und Zurückhaltung" auf.

Einen Tag nach den israelischen Bombenangriffen auf syrische Militäreinrichtungen haben Vertreter der Vereinten Nationen mit widersprüchlichen Behauptungen über einen möglichen Giftgaseinsatz durch syrische Aufständische Verwirrung gestiftet. Zunächst hatte die UN-Ermittlerin und frühere Chefanklägerin beim UN-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag, Carla del Ponte, im Schweizer Fernsehen erklärt, es gebe „einen sehr starken, konkreten Verdacht, wenn auch noch keine unwiderlegbaren Beweise“, dass Sarin von Rebellen, nicht jedoch von dem Regime eingesetzt worden sei. Die prominente Juristin berief sich dabei auf Aussagen von Ärzten und Opfern, die die UN-Sonderkommission zur Menschenrechtslage in Syrien in den benachbarten Staaten Türkei und Libanon befragt hat. Am Montagnachmittag jedoch ging die UN-Sonderkommission dann zu ihrem Mitglied del Ponte öffentlich auf Distanz und ließ erklären, es gebe „keine beweiskräftigen Ermittlungsergebnisse für einen Chemiewaffeneinsatz in Syrien durch irgendeine der an dem Konflikt beteiligten Parteien“. Daher sei die Kommission derzeit nicht in der Lage, solche Behauptungen weiter zu kommentieren. Auch del Ponte hatte in ihrem Interview betont, die Untersuchungen müssten noch „vertieft“ werden und nicht ausgeschlossen, dass weitere Befragungen auch Beweise für einen Giftgaseinsatz durch die syrische Armee zutage fördern könnten. Bisher verweigert das Assad-Regime einer offiziellen Delegation von UN-Waffenexperten die Einreise und eine genaue Untersuchung vor Ort.

Nach Angaben des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) gehen die Konfliktgegner in Syrien immer grausamer vor und kümmern sich kaum noch um Verletzte und Tote. Für humanitäre Helfer werde es immer gefährlicher, Opfer medizinisch zu versorgen oder Leichen zu bergen, beklagte das IKRK am Montag in Genf. „Wir fordern alle Konfliktgegner auf, Zivilisten zu verschonen, sowie die Bergung von Verwundeten und Toten zu ermöglichen“, sagte Magne Barth, Leiter der IKRK-Delegation in Syrien.

UN-Generalsekretär Ban Ki-moon beschwor angesichts der israelischen Luftangriffe nahe Damaskus und nahe der libanesischen Grenze alle Konfliktparteien, „maximale Ruhe und Zurückhaltung“ zu zeigen. Es müsse jede weitere Eskalation verhindert werden in diesem „verheerenden und hochgefährlichen Konflikt”, erklärte Ban. Ähnlich äußerte sich auch die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton und warnte davor, die ganze Region könne in den Konflikt hineingezogen werden. Russland dagegen warf dem Westen erneut vor, ein militärisches Eingreifen vorzubereiten. Wie die in London ansässige Beobachtungsstelle für Menschenrechte berichtete, kosteten die israelischen Luftangriffe mindestens 42 syrischen Soldaten das Leben, rund hundert würden noch vermisst.

Erst vor zehn Tagen hatten sowohl US-Präsident Barack Obama als auch Großbritanniens Premier David Cameron erklärt, in Syrien sei „in kleinem Maßstab“ Giftgas eingesetzt worden und zwar von dem Assad-Regime. Obama versprach eine „eingehende Prüfung“ der Informationen und mahnte zur Besonnenheit. In den Wochen zuvor hatte er bereits mehrmals einen Chemiewaffenangriff auf die Bevölkerung als Wendemarke bezeichnet, die ein amerikanisches Eingreifen in den Bürgerkrieg auslösen werde.

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