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Kandidiert für den Bundestag: Der bisherige Vizepräsident des EU-Parlaments, Alexander Graf Lambsdorff.

© imago/Pacific Press Agency

Griechenland: Lambsdorff: "Die FDP ist gegen einen Schuldenschnitt"

Nach der Bundestagswahl wird auch Griechenland wieder zum Thema werden. Die FDP wird einen Schuldenschnitt für Hellas nicht mitmachen, sagt Alexander Graf Lambsdorff im Interview.

Herr Lambsdorff, soll Griechenland aus dem Euro austreten?

Niemand will einen Grexit. Es wäre für alle das Beste, wenn Griechenland wirtschaftlich dynamisch und finanziell solide wäre. Aber wenn die Reformen nicht umgesetzt werden, das Land nicht auf die Beine kommt, dann ist es besser, wenn Griechenland seine Wettbewerbsfähigkeit außerhalb der Euro-Zone wiedererlangt. Ich glaube jedenfalls, dass ein viertes oder fünftes Griechenland-Hilfspaket in vielen Ländern der Euro-Zone nicht vermittelbar wäre - in den Niederlanden, Estland, der Slowakei, Finnland, aber auch in Deutschland nicht.

Im kommenden Jahr, wenn das dritte Hilfspaket für Griechenland ausläuft, steht im Kreis der EU-Finanzminister die Diskussion über Schuldenerleichterungen für Athen an. Soll es solche Erleichterungen geben?

Die FDP ist gegen einen Schuldenschnitt innerhalb der Euro-Zone, weil das ein ganz falscher Anreiz für die Haushaltspolitik aller anderen Länder wäre. Wenn ein Schuldenschnitt unausweichlich würde, wird man über einen Grexit nachdenken müssen. Alternativ gibt es die Möglichkeit, dass man für Griechenland im Rahmen einer Insolvenzordnung für die Euro-Staaten ein geordnetes Verfahren durchführt. Eine solche Insolvenzordnung wäre ohnehin besser, als jedes Mal aufs Neue zu improvisieren.

In der kommenden Woche will Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron seine Pläne für ein Euro-Zonen-Budget konkretisieren, das nach seiner Auffassung mehrere Prozentpunkte der europäischen Wirtschaftsleistung umfassen soll. Braucht die Euro-Zone einen eigenen Haushalt?

Ein Budget für die Euro-Zone wäre ein permanenter Länderfinanzausgleich auf europäischer Ebene. Damit würde der Anreiz für andere Länder sinken, solide zu wirtschaften. Viel wichtiger wäre es, wenn sich auch andere Staaten an Macrons Beispiel in der Wirtschaftspolitik orientieren würden. Bei der Liberalisierung des Arbeitsmarkts und der Verbesserung des Investitionsklimas geht er den richtigen Weg, mit dem Vorschlag für ein Euro-Zonen-Budget nicht.

Das dritte Griechenland-Hilfspaket wird aus dem Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) finanziert. Soll der ESM irgendwann seine Arbeit einstellen?

In einer idealen Welt, in der sämtliche Euro-Staaten aus eigener Kraft für wirtschaftliche Dynamik sorgen und ihre Haushalte selbst in Ordnung bringen können, bräuchte man den ESM nicht mehr. Ich persönlich halte dies aber für schwer vorstellbar. Ich glaube, dass der ESM auch in Zukunft als Kriseninstrument benötigt wird. Denn wir wollen die Europäische Zentralbank ja aus ihrer Rolle als Krisenhelfer entlassen, schließlich schadet die Niedrigzinspolitik uns allen. Ich glaube deshalb, dass wir noch lange mit dem ESM leben werden, dann sollten wir ihn auch optimal nutzen.

Was halten Sie von den Plänen von Kanzlerin Merkel und Finanzminister Schäuble, den ESM zu einem Europäischen Währungsfonds weiterzuentwickeln?

Man kann über eine Reform der Statuten des ESM durchaus sprechen. Wie das im Einzelnen aussehen wird, werden wir nach der Bundestagswahl sehen. Macron wird seine Vorstellungen vorlegen, Frau Merkel die ihren. Nach meiner Auffassung wäre es gut, wenn der Europäische Stabilitätsmechanismus als neutrale Instanz an die Stelle der bisherigen Entscheidungsprozesse zur Bewertung einzelner Krisenstaaten treten könnte. Vor allem die EU-Kommission hat in der Vergangenheit bei Reformverweigerung in Programmländern aus politischen Erwägungen zu oft ein Auge zugedrückt.

Sollen Ihre Forderungen – etwa die Ablehnung eines Euro-Zonen-Budgets – in einen Koalitionsvertrag aufgenommen werden, falls es zu einer Regierungsbeteiligung der FDP kommt?

Ich halte nichts davon, über Regierungsbeteiligungen zu spekulieren. Wir sind zurzeit noch nicht einmal im Bundestag vertreten und warten erstmal ab, wie der Wähler entscheidet. Danach wissen wir, ob wir in Gespräche eintreten. Aber es ist vollkommen klar, dass wir zu den Inhalten, die wir vor der Wahl formulieren, auch nach dem 24. September stehen werden.

Das Gespräch führte Albrecht Meier.

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