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Bundeskanzlerin Angela Merkel und Außenminister Frank-Walter Steinmeier plaudern.

© dpa/Tim Brakemeier

Große Mehrheit für Notkredite: Bundestag stimmt für Griechenlandhilfe

Der Bundestag beschließt mit Mehrheit die Verlängerung des Griechenlandpakets. Finanzminister Schäuble hatte zuvor die Abmachung mit Griechenland verteidigt. Die Linke kritisierte die "Kamikazepolitik" der Troika. Die Syriza-Politik markiere eine Wende in Europa.

Es war eine klare Entscheidung für die Verlängerung der Griechenlandkredite: 542 Ja- und 32 Nein, 13 Enthaltungen. Zuvor allerdings führten die Abgeordneten eine hitzige Diskussion. Denn die Abstimmungsgründe unterscheiden sich stark.

Zum Auftakt hat Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble die Abmachung mit Griechenland verteidigt. "Wir sind in Europa eine Gemeinschaft", rief er aus. "Wir Deutsche sollten alles dafür tun, dass Europa zusammenhält." Die Griechen hätten eine Wahlentscheidung getroffen, die zu akzeptieren sei, aber sie müssten auch sehen, dass "Solidarität nicht heißt, dass man andere erpresst, sondern dass alle verantwortungsvoll ihren Beitrag leisten." Er sagte, viel Vertrauen sei zerstört worden, aber das Hilfspaket sei absolut notwendig, um Zeit für weitere Verhandlungen zu gewinnen. Es sei ihm nicht leicht gefallen, darum zu bitten.

Gregor Gysi forderte die Bundesregierung für die Partei die Linke auf, den Syriza-Sieg als Anlass zu nehmen, die Wirtschafts- und Sozialpolitik in Europa zu korrigieren. Er bezeichnete die Troika-Politik in Griechenland als "Diktatur" und Wolfgang Schäuble als "Hardliner". Er sagte, der Syriza-Sieg markiere mit einer "Kampfansage an die neo-liberale Sparpolitik" einen Wandel in der europäischen Politik, es gebe eine Chance auf ein "sozialeres und faireres Europa" - ein "europäisches Deutschland statt eines deutschen Europas". Gysi forderte einen "Marshall-Plan" für Griechenland mit neuen Investitionen.

Und immer wieder Griechenland: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Vize-Kanzler Sigmar Gabriel (SPD) im Bundestag.
Und immer wieder Griechenland: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Vize-Kanzler Sigmar Gabriel (SPD) im Bundestag.

© Reuters

Carsten Schneider für die SPD kritisierte die "Pirouetten" der Linken, die erstmals für die Griechenlandkredite stimmen wollen. Dass sie nun ein Hilfspaket akzeptierten, dass sie immer abgelehnt hätten. Er sagte allerdings auch, in der Krisenpolitik seien Fehler gemacht worden. Der größte Fehler sei ein politischer gewesen. Die damalige Bundesregierung habe 2012 die Volksabstimmung in Griechenland über die Reformen verhindert. Hätte man diese zugelassen, dann hätten die Griechen die Verantwortung für die Maßnahmen selbst übernommen - "und nicht eine fremde Macht dafür verantwortlich gemacht." Er hoffe, dass Syriza für eine "gerechtere Besteuerung" einstehen und Korruption bekämpfen werde. Ein Austritt der Griechen aus der Währungsunion sei der teuerste und schlechteste Ausgang der Krise - und das Geld der deutschen Steuerzahler sei dann sicher verloren.

Für die Grünen sprach der Fraktionsvorsitzende Anton Hofreiter. Wenn "griechische Oligarchen das Land ausplündern" und "marktradikale Technokraten das Land zu falschen Privatisierungen zwingen", dann sei dies ein Problem für Europa. Und wenn Populisten die Krise für sich nutzten - in Deutschland und in Griechenland - dann sei das sogar katastrophal. Die Verlängerung der Kredite seien nötig, weil man kein verarmtes Land in Europa haben wolle, aber auch aus europäischer Sicht bleibe Griechenland ein wichtiger Partner - wirtschaftlich und sicherheitspolitisch in einer schwierigen Region. Zur Ehrlichkeit gehöre auch, anzuerkennen, das bald ein drittes Hilfspaket benötigt werde - und dieses sei sorgfältig vorzubereiten.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble verteidigt die Abmachung mit Griechenland in der Bundestagsdebatte.
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble verteidigt die Abmachung mit Griechenland in der Bundestagsdebatte.

© Bernd Jutrczenka/dpa

Später stritt sich das Plenum vor allem noch darüber, ob die Syriza-Koalition nun eine Hoffnung für Europa sei oder lediglich ein "Zusammenschluss von Links- und Rechtsextremen", die das Verständnis in Europa schwer geprüft hätten, wie sie CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer bezeichnete. Er forderte "Deutsche Solidarität nur gegen griechische Reformen" - erst dann rede man über "Fortschreiten oder gar Ausschluss".

Als der SPD-Abgeordnete Axel Schäfer eine Bildzeitung hochhielt, deren Nein-Kampagne er mit Rotstift durchgestrichen hatte, gab es zustimmenden Applaus. "Wir sind unterschiedlicher Meinung hier. Aber wir unterstützen keine solchen Kampagnen gegen andere Völker", sagte er dazu. Er warnte vor einer "Zerstörung der Europäischen Union".

Für die 22 Abgeordneten in der CDU/CSU Fraktion, die angekündigt haben, gegen das Paket stimmen werden, sprach der Abgeordnete Klaus-Peter Willsch. Er hatte sich schon vorab in den Medien erklärt und führte seine Argumente für ein "Nein" erneut an. Die Regierung in Athen sei nicht zuverlässig, die Aussagen zu vage, die Anstrengungen zu klein. Er plädierte für einen Austritt Griechenlands. "Das Elend wird weitergehen", prophezeite er. "Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende."

Die Abstimmung wird um 11 Uhr folgen.

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