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Joschka Fischer, Ex-Außenminister, Ex-Liebling.

© picture alliance / dpa

Grüne: Fremde in der eigenen Partei

Die jungen Grünen haben keinen Bezug zu Joschka Fischer – der ehemalige Guru der Partei kam gar nicht erst zum Jubiläum.

Von Katrin Schulze

Was für ein Fest: Etwa 2000 Gäste kamen am Dienstag in die Haupthalle des Flughafens Tempelhof , um zu reden und zu trinken, um Danke zu sagen und sich einfach mal ein bisschen selbst zu feiern. Wie es halt so ist bei Jubiläen. 30 Jahre besteht die Bundestagsfraktion der Grünen nun schon. Doch einer, der am meisten dazu beigetragen hat, dass es so weit gekommen ist, wollte lieber nicht in diesem Kreis darauf anstoßen. Joschka Fischer war geladen, er sollte sogar eine Rede halten. Die Fraktion aber rechnete trotzdem nicht mit ihm – Fischer habe abgesagt, hieß es.

Enttäuscht sind sie darüber nicht, sagen einige Abgeordnete. Ihnen scheint es eher egal zu sein. Vor allem den jüngeren Grünen ist der Bezug zu dem Mann, der ihre Partei einst regierungsfähig machte, verloren gegangen; falls sie ihn überhaupt je hatten. „Für mich persönlich und im alltäglichen Engagement spielt Joschka Fischer keine Rolle“, sagt zum Beispiel Jens Parker, der im Bundesvorstand der Grünen-Jugend tätig ist und am Dienstag auch mitfeierte. Als die Grünen in den Bundestag einzogen, war Parker noch nicht geboren. Fischers Zeit als Außenminister fiel in die Zeit, in der Parker sich allmählich für Politik zu interessieren begann. Heute sind die Grünen für ihn die Partei, der es gelang, „gesellschaftliche Mehrheiten zu verändern, zum Beispiel was die Themen Atomausstieg und gleichgeschlechtliche Partnerschaften angeht“. Die Partei Fischers sind die Grünen für ihn nicht.

Gut drei Jahre ist es her, dass der 64-Jährige sich zuletzt einmal wieder für seine Partei einsetzte. Damals trat er groß im Hessischen auf. Hessen aber ist für Fischer schon immer eine Ausnahme gewesen, denn hier kam er mit seiner Realo-Politik an und habe „wirklich politische Heimat entwickelt“, wie er in seinem Buch „Die rot-grünen Jahre“ schreibt. Ansonsten seien ihm die Bundesgrünen emotional „immer fremd geblieben, bis auf den heutigen Tag“. Fremd: Das sind sie sich gegenseitig. Die Beziehung der Grünen zu Fischer zeichnet sich besonders dadurch aus, dass es keine wirkliche Beziehung gibt. Natürlich kennt der Nachwuchs seinen Namen und weiß um seine Verdienste, aber das war es auch schon.

Früher polarisierte Fischer in seiner Partei wenigstens. Wie 1999, als es um die Zustimmung zum Nato-Einsatz im Kosovokrieg ging. Heute scheint er die Grünen, deren jetzige Spitze seinerzeit in seinem Schatten werkelte, dagegen kaum zu tangieren. Sie kommen gut ohne den einstigen Übervater aus. „Joschka Fischer war eine sehr prägende Figur“, sagt Agnieszka Brugger, die 28 Jahre alte Sprecherin der Grünen für Abrüstungspolitik. „Der Untergang der Partei, den manche Kommentatoren durch seinen Abgang vorhergesehen haben, ist nicht eingetreten. Wir sind im Gegenteil noch erfolgreicher geworden.“ Wie Joschka Fischer das beurteilt, lässt sich nur vermuten. Er will sich nicht zu den Grünen äußern. Nicht in der Zeitung. Und auch nicht beim großen Jubiläumsfest.

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