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Politik: Grüne warnen vor Leiharbeit-Karrieren

Vermittelte Arbeitslose finden nur selten festen Job.

Berlin - Etwa jeder sechste Arbeitslose, der im vergangenen Jahr einen Job gefunden hat, ist in der Leiharbeitsbranche tätig geworden. Von den mehr als 1,8 Millionen Arbeitslosen, die zwischen Oktober 2012 und September 2013 eine Beschäftigung aufnahmen, waren 313 200 in einer Leiharbeitsfirma beschäftigt, umgerechnet entspricht das einem Anteil von 17 Prozent. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Frage der Grünen-Arbeitsmarktexpertin Brigitte Pothmer hervor. „Das Risiko für diese Vermittelten ist groß, nach kurzer Zeit wieder ohne Arbeit zu sein“, kritisiert Pothmer. Sie verweist dabei auf Statistiken, nach denen die Hälfte der Leiharbeitsverhältnisse bereits nach drei Monaten wieder beendet ist.

Arbeitslose landen damit überdurchschnittlich häufig in Leiharbeit. Insgesamt liegt der Anteil dieser Jobs an der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit (BA) bei 2,5 Prozent. Problematisch findet Pothmer diese Entwicklung, weil der von der Leiharbeit erhoffte Effekt oft ausbleibt: Nur ein geringer Teil der Beschäftigten findet eine Festanstellung im Entleihbetrieb – zwischen sieben und 15 Prozent, je nach Untersuchung. Das Forschungsinstitut der BA, das Nürnberger Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung (IAB) spricht von einem „schmalen Steg“ anstelle der „breiten Brücke“ in den ersten Arbeitsmarkt.

Langzeitarbeitslose sind dabei stärker betroffen als Menschen, die erst vor kurzem ihre Arbeit verloren haben. Bei den Empfängern von Arbeitslosengeld I nahmen in dem Zeitraum 15 Prozent derjenigen, die eine Arbeit fanden, eine Tätigkeit in der Leiharbeit auf, während es bei den Hartz-IV-Empfängern mit 21,5 Prozent deutlich mehr waren.

Angesichts dieser Zahlen forderte die Grünen-Politikerin Pothmer die Arbeitsagenturen und Jobcenter auf, mit mehr Qualifizierung und Begleitung dafür zu sorgen, dass weniger Arbeitslose als bisher in „Leiharbeits-Karrieren“ gerieten. Die Führung der BA hatte bereits im vergangenen Jahr angekündigt, sich bei der Akquise von Stellen stärker auf den Mittelstand als auf die Leiharbeit konzentrieren zu wollen, nachdem bekannt geworden war, dass einzelne Agenturen sogar mehr als 50 Prozent der Arbeitslosen in Leiharbeit vermittelt hatten.

Nach Ansicht von Pothmer sind auch Gesetzesänderungen notwendig. Leiharbeitnehmer sollten vom ersten Tag an den gleichen Lohn für ihre Arbeit erhalten wie die Stammbelegschaft, fordert die Arbeitsmarktpolitikerin. SPD und Union haben vereinbart, dass es gleiche Bezahlung („equal pay“) erst nach neun Monaten geben soll. „Davon haben schätzungsweise 80 Prozent aller Leiharbeitnehmer nichts“, sagt Pothmer. Auch die von der großen Koalition geplante maximale Überlassungszeit von 18 Monaten gehe an der Realität vorbei, denn nur knapp ein Sechstel der Leiharbeitnehmer sei länger als ein Jahr tätig. Cordula Eubel

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