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Harald Höppner hat sich über Günther Jauch geärgert.

© dpa

Harald Höppner war bei Günther Jauch: "Nach der Sendung sagte meine Frau erst mal zu mir: Wie peinlich!"

Studiogast Harald Höppner erzwingt überraschend eine Schweigeminute für die im Mittelmeer ertrunkenen Flüchtlinge. Was bewegte und bewegt den Mann? Ein Interview mit dem Brandenburger, der mit seiner privaten Initiative „Sea Watch“ Migranten auf See retten will.

Sie haben die Sendung bei Günther Jauch mit einer Schweigeminute unterbrochen. Wie kam es dazu?
Mich hat, schon als ich die Anfrage bekommen habe, geärgert, dass das Podium so rechtslastig besetzt war. Als ich im Studio ankam, war ich ziemlich durch den Wind. Den ganzen Sonntag hatte ich in Hamburg Interviews gegeben, die Sea-Watch hat ja am Nachmittag abgelegt! Die Diskussion im Studio habe ich dann gar nicht richtig mitbekommen, im Zuschauerraum war das Gespräch nur sehr leise zu hören. Aber ich sah natürlich, dass die Gäste sich ziemlich zankten und dass vor allem der SVP-Mann Roger Köppel sprach, dass die Syrerin kaum zu Wort kam.

Ich fragte mich: Wie kann es sein, dass nach so einer Katastrophe so viel gestritten wird? Dass die Opfer nicht gehört werden? Und da beschloss ich, die Schweigeminute auszurufen. Für mich ist die Sache ja ganz einfach: Wir müssen verhindern, dass die Flüchtlinge im Mittelmeer sterben, wir brauchen eine Seenotrettung wie in der Kieler Bucht. Als ich endlich an der Reihe war, war ich gleichzeitig aufgeregt und wütend. Die erste Frage von Jauch hat mich dann noch mehr geärgert. Er wollte ja wissen, wie die Idee zum Projekt Sea-Watch entstanden ist. Ich fand es einfach unpassend, nach der Schweigeminute nach meiner Motivation zu fragen. Deshalb war ich dann wohl ziemlich emotional.

Haben Sie Ihren Auftritt bereut?
Nach der Sendung sagte meine Frau erst mal zu mir: Wie peinlich! Die Schweigeminute fand sie gut, nicht gut fand sie, was danach kam. Sie fürchtete, dass ich einen falschen Eindruck vermittelt hatte. Dass ich womöglich arrogant oder aggressiv rübergekommen bin, weil ich Jauch gar nicht zu Wort kommen ließ und seine Fragen so abgebügelt habe. Auch mein bester Freund und Partner hatte Zweifel, ob mein Auftritt gut ankommen würde. Am Abend war ich dann also erst mal ziemlich verunsichert. Aber als wir am Montagmorgen die Kommentare zur Sendung lasen, waren wir alle erleichtert. Die Reaktionen waren ja zum großen Teil sehr positiv.
Wie haben die Diskussionsteilnehmer reagiert?
Heribert Prantl kam nach der Sendung sofort zu mir, schüttelte mir die Hand, klopfte mir auf die Schulter, sagte, wenn er in der Position gewesen wäre, hätte er selbst gern eine Schweigeminute ausgerufen. Auch die Syrerin beglückwünschte mich zu der Aktion. Mit den anderen dreien hatte ich nicht mal Blickkontakt. Jauch sagte ganz ruhig zu mir, dass er schade fände, dass ich nicht die Gelegenheit genutzt habe, in seiner Sendung unser Projekt vorzustellen. Falls er die Aktion daneben fand, hat er sich das aber nicht anmerken lassen. Ich finde ja, er hätte entspannter reagieren können.

Wie sehen Sie die Sendung jetzt?
Wahrscheinlich hätte ich ein wenig ruhiger sein sollen, mich nicht so aufregen sollen. Aber ich bin nun mal ein sehr emotionaler Mensch. Wäre ich das nicht, hätte ich dieses Projekt ja auch gar nicht gestartet. In jedem Fall ist das Medieninteresse jetzt noch größer als es vorher schon war. Wir haben heute 20 Anfragen bekommen, mein Telefon klingelt die ganze Zeit. So schlecht war es also nicht.
Was, glauben Sie, können Sie mit Ihrer Aktion erreichen?
Wir wollen, dass die Öffentlichkeit die Politik zwingt, eine neue Rettungsmission wie Mare Nostrum aufzulegen, die im besten Fall im gesamten Mittelmeer nach Schiffsbrüchigen sucht. Die Sea-Watch soll zeigen, dass es geht. Am Sonntag ist das Schiff deshalb in Richtung Helgoland gestartet. In fünf Wochen wollen wir in Malta sein und von dort aufs Meer fahren, Flüchtlingen in Seenot beistehen, erste Hilfe leisten, die Öffentlichkeit aufklären, eine Mahnwache vor Ort sein.
Das Unglück am Sonntag ist ja wahrscheinlich genau in dem Moment passiert, als sich ein Frachter näherte, um die Flüchtlinge zu retten. Fürchten Sie nicht, dass Ihnen auch so etwas passieren kann?
Wir werden uns den Flüchtlingsbooten in jedem Fall sehr vorsichtig nähern. Ich selbst kenne mich mit Booten ja gar nicht aus, aber von meiner Crew weiß ich: Der Plan ist, mit dem Schlauchboot ans Heck heranzufahren. Die Leute laufen dann nicht auf eine Seite, die Gefahr, dass das Boot kentert, ist minimal. Außerdem ist der stabilste Punkt eines Schiffs das Heck.

Sie haben die Sendung am Sonntagabend verpasst? In der ARD-Mediathek können Sie sich die Sternstunde der Menschlichkeit noch bis Sonntag, den 26. April ansehen.

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