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Die Jobcenter verhängen mehr Sanktionen gegen säumige Hartz-IV-Bezieher.

© dapd

Hartz IV: Mehr Strafen für Terminschwänzer

Jobcenter verhängen in einem Jahr eine Million Strafen gegen Hartz-IV-Empfänger. Nur jeder siebte der 4,35 Millionen Hartz-IV-Bezieher hat sich geweigert, einen Arbeitsplatz anzunehmen.

Von Sabine Beikler

Berlin - Die Jobcenter verhängen überdurchschnittlich oft Sanktionen gegen Terminschwänzer. Zwischen August 2011 und Juli 2012 wurden mehr als eine Million Strafen ausgesprochen, darunter fielen zwei Drittel auf Meldeversäumnisse. Nur jeder Siebte der 4,35 Millionen Hartz-IV-Bezieher hat sich geweigert, einen Arbeitsplatz anzunehmen. Beim Umgang mit den Strafen ist sich die Opposition nicht einig. Die Linke fordert die Abschaffung der Sanktionen, die Grünen eine Aussetzung, und die SPD will mehr Flexibilität im Sanktionssystem.

Bei Terminversäumnissen kann der Regelsatz für drei Monate um zehn Prozent gekürzt werden. Wird eine Arbeit abgelehnt, kann der Regelsatz um 30 Prozent reduziert werden. „Durch das Sanktionssystem werden Menschen drangsaliert“, sagte die Linken-Politikerin Sabine Zimmermann, Vorsitzende des Arbeitsausschusses. Jobcenter seien zu „Verwahreinrichtungen“ geworden, statt angesichts des Fachkräftemangels stärker auf Qualifizierung zu setzen. Die Grünen-Abgeordnete Brigitte Pothmer sprach von einem „Klima der Angst“ in den Jobcentern. Sie fordert mehr Rechte für Arbeitsuchende und eine unabhängige Ombudsstelle in den Jobcentern. SPD-Arbeitsmarktpolitikerin Anette Kramme ist nicht grundsätzlich gegen Sanktionen, forderte aber mehr Freiräume. „Es muss geprüft werden, ob Sanktionen das Existenzminimum bedrohen“, sagte sie. Und wenn ein Arbeitsloser Fehler in seinem Verhalten zugibt, sollte die Strafe ausgesetzt werden.

Die Ursache, warum die Zahl der Sanktionen steigt, ist eigentlich positiv. „Wir haben eine gute konjunkturelle Entwicklung, mehr Arbeitsangebote und auch mehr Termin-Versäumnisse“, sagte eine Sprecherin der Bundesagentur für Arbeit. Das Personal in den Jobcentern würde nicht mehr so fluktuieren wie in den ersten Jahren. „Die Mitarbeiter gehen professioneller mit Sanktionen um. Und sie kennen ihre Kunden besser.“ Drastisch gekürzt hat die Bundesregierung die Arbeitsförderung. 2010 standen noch 6,6 Milliarden Euro für Sonderprogramme und Eingliederungstitel, also aktive Arbeitsmarktinstrumente der Jobcenter, zur Verfügung, in diesem Jahr sind es 4,4 Milliarden und 2013 noch 3,9 Milliarden Euro. Der Bundestag wird am Donnerstag darüber debattieren. Sabine Beikler

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