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Gregor Gysi

© dpa

Update

Heikle Besetzung: Stasi-Spionin Ruth Kampa wird Justiziarin bei den Linken

Anfang Oktober ist die Geschäftsführerin der Linksfraktion im Bundestag als ehemalige Spionin im Auftrag des DDR-Ministeriums für Staatssicherheit enttarnt worden - Gregor Gysi war damals überrascht. Am Donnerstagabend entschied der Fraktionsvorstand, sie zur Justiziarin zu machen.

Von Matthias Meisner

Die Nachricht hatte Linken-Fraktionschef Gregor Gysi Anfang Oktober kalt erwischt. Seine enge Mitarbeiterin Ruth Kampa, Geschäftsführerin der Linksfraktion im Bundestag, hat fast 20 Jahre für das Ministerium für Staatssicherheit gearbeitet. Sie spionierte unter dem Decknamen "Sonja Richter" in der Bundesrepublik, soll auch West-Berliner für das MfS angeworben haben. Nachdem die Vorwürfe publik wurden, meldete sich Kampa erstmal krank.

Am Donnerstagabend entschied der Fraktionsvorstand, Kampa als Justiziarin einzustellen, wie Fraktionssprecher Hendrik Thalheim auf Tagesspiegel-Anfrage bestätigte. Die Entscheidung fiel dem Vernehmen nach einstimmig und ohne Diskussion. Kampa sei seit Jahren "eine fleißige Mitarbeiterin, von allen geschätzt", hieß es aus der Führung. Die Berufung auf den neuen Posten sei damit sachgerecht. Die zunächst schon für Mittwoch vorgesehene Entscheidung war vertagt worden - aus Zeitgründen, wie es hieß.

Gysi hatte sich für diese Lösung des Falls eingesetzt

Ruth Kampa (2. von rechts)
Ruth Kampa (2. von rechts)

© Der Bundeswahlleiter/Eventbild-Service/Rainer Jensen (Ausschnitt)

Nachfolger für Kampa auf dem Posten des Geschäftsführers der Fraktion soll der frühere saarländische Linken-Bundestagsabgeordnete Volker Schneider werden, der bereits in der vergangenen Legislaturperiode im Apparat der Bundestagsfraktion tätig war. Für ihn hatte sich besonders Ex-Parteichef Klaus Ernst eingesetzt, einer der stellvertretenden Vorsitzenden der Bundestagsfraktion. Die Berufung von Schneider muss allerdings noch von der Fraktion bestätigt werden.

Gysi persönlich hatte vorgeschlagen, Kampa zur Justiziarin zu machen. In der Fraktionsspitze hatte es ein gewisses Verständnis dafür gegeben, dass die heute 61-jährige Kampa ihre Vergangenheit zunächst nicht offen gelegt hat - als Angestellte musste sie das auch nicht. Schließlich sei die Spionagetätigkeit womöglich strafrechtlich relevant gewesen, hieß es.

Allerdings hätte Kampa sich spätestens nach Ablauf der Verjährungsfrist wenigstens gegenüber Gysi offenbaren sollen, wurde weiter erklärt. Als problematisch galt zudem, dass sie auch Parteiämter übernahm und zum Beispiel bis Ende 2012 der Bundesschiedskommission angehörte. Nach den von der Linkspartei selbst gesetzten Regeln wäre vor der Wahl in dieses Gremium eine Offenlegung der Biographie zwingend gewesen. Die "Welt" hatte den IM-Vorgang mit der Registrierungsnummer XV 4635/87 zuerst publik gemacht. Nach Angaben der Zeitung umfasst die Stasiakte von Kampa 70 Seiten.

Die Parteiführung ist gegen die Regelüberprüfung von Angestellten auf eine frühere Stasi-Tätigkeit, wie Bundesgeschäftsführer Matthias Höhn zur Debatte um Kampa erklärte. Allerdings äußerte sich die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Sahra Wagenknecht anders. Sie sagte, bei Schlüsselpositionen wie der von Kampa müsse die Fraktion "sicher darüber nachdenken, wie Wiederholungen vermieden werden können".

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