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Bundesinnenminister Thomas de Maiziere (CDU) vor einer Pressekonferenz zum Indymedia-Verbot.

© Maurizio Gambarini/dpa

Indymedia-Verbot: De Maizières Schlag gegen die linksextreme Szene

Auch eine Reaktion der G20-Krawalle: Der Bundesinnenminister erklärt das Verbot der Internetplattform „linksunten.indymedia“.

Von Frank Jansen

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hat am Freitag das zentrale Internetportal der Autonomen, „linksunten.indymedia.org“, nach Vereinsrecht verboten. „Wir gehen konsequent gegen linksextremistische Hetze im Internet vor“, sagte de Maizière in Berlin. „Der Weiterbetrieb der Seite ist ab sofort eine Straftat.“

Das seit 2009 online agierende Infoportal präsentierte Hassparolen gegen Polizisten, Politiker und Unternehmen, Aufrufe zu Gewalt sowie Hinweise zum Bau von Brandsätzen. Es erschienen laufend Bekennerschreiben zu linksextremen Anschlägen, sei es auf Einrichtungen und Fahrzeuge der Polizei, auf Neonazis oder auf Konzerne. Aktuell in Erinnerung ist vor allem die Selbstbezichtigung von Autonomen zu einer Serie von fünf Brandanschlägen auf Kabelschächte der Bahn in Berlin und weiteren vier Bundesländern vor dem G20-Gipfel in Hamburg. Der Angriff hatte massive Verspätungen im Zugverkehr ausgelöst.

„Es darf keine Rückzugsräume für Extremisten von links und von rechts geben - weder außerhalb noch innerhalb des Internets“, sagte de Maizière. Indymedia sei die bedeutendste Seite für gewaltbereite Linksextremisten in Deutschland. „Seit Jahren nutzen sie diese Plattform, um Hass gegen Andersdenkende und Repräsentanten des Landes zu säen.“ Die Ereignisse während des G20-Gipfels in Hamburg hätten gezeigt, welche Folgen solche Hetze haben könne. Dort war es im Juli zu schweren Krawallen gekommen.

Freitagmorgen durchsuchte die Polizei in Freiburg fünf Objekte, die den Betreibern von linksunten.indymedia zugerechnet werden. Die Beamten entdeckten unter anderem Schlagstöcke, Zwillen, Kampfmesser und Pyrotechnik. Vier Personen wurden angetroffen, Festnahmen gab es jedoch nicht. Dennoch hat der Schlag die militante Szene hart getroffen. Die Website war Freitagmittag offline.

Ohne die „intensive Vorarbeit des Bundesamtes für Verfassungsschutz wäre die Maßnahme nicht möglich gewesen“, betonte de Maizière. Es handele sich um das erste Verbot einer linksextremen Vereinigung durch einen Bundesinnenminister. Im Januar 2016 hatte de Maizière bereits das rechtsextreme Hassportal „Altermedia“ aufgelöst. Dessen Macher hat die Bundesanwaltschaft wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung angeklagt.

Autonome in Freiburg im Visier

Die Hetze bei linksunten.indymedia war kräftig. „Die Herrschaftsform der Demokratie ist gleichzusetzen mit Terrorismus. Der wahre Terrorist ist der Staat“, stand im März 2016 in einem Beitrag. Polizeibeamte wurden brachial diffamiert. In einem Kommentar vom März 2017 hieß es, der „Bulle“ werde verachtet „als bezahlter Mörder, als Henkersknecht, als Diener aller Regime, als berufsmäßiger Sklave“. Es gab Hinweise für den Bau von Brandsätzen, außerdem wurde der Einsatz scharfer Waffen thematisiert. Auch mit Bezug auf Berlin.

Aus Wut über die Einsätze der Polizei ringsum das linksextreme Wohnobjekt in der Rigaer Straße 94 schrieb ein Kommentator im März 2016, „die RAF hat den Kampf sehr entschlossen geführt; solange bis das Projekt beendet wurde!“ Es folgte die Drohung, „Aber das muss nicht für immer sein! Eins ist klar: irgendwann wird zurückgeschossen!“

Vor dem Verbot liefen mehrere Ermittlungsverfahren ins Leere, da keine Tatverdächtigen identifiziert werden konnten. Das könnte sich nun ändern. Der Bundesinnenminister hat die Verbotsverfügung drei Autonomen in Freiburg zugestellt. Sie gelten als harter Kern der Betreiber von linksunten.indymedia. Sechs Personen rechnen Sicherheitskreise dem Umfeld zu. Der Server steht in Frankreich. Er soll mit einem Rechtshilfeersuchen aus Deutschland lahmgelegt werden.

Berlins Innensenator Andreas Geisel (SPD) nannte das Verbot einen „Schritt in die richtige Richtung“. Linksextreme hätten die Seite genutzt, „um Angriffe und Anschläge zu planen und sich danach dort entsprechend zu rühmen. In Berlin wissen wir dies nur allzu gut“, sagte Geisel. Man müsse sich aber fragen, warum das Verbot erst jetzt komme, „obwohl der Verein schon seit Jahren extremistisch wirkt“. (mit dpa)

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