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EU-Beitritt der Türkei: Athen will von Ankara Taten sehen

Im Gespräch mit dem Tagesspiegel kritisiert die griechische Außenministerin Dora Bakogianni die Türkei - Hintergrund ist der Streit um den EU-Beitritt Ankaras.

Die griechische Außenministerin Dora Bakogianni warnte die Türkei davor, das in den vergangenen Jahren aufgebaute Vertrauen zu verspielen und forderte von Ankara „praktische Schritte“, um die Entspannung fortzusetzen – sonst drohe der Prozess der Annäherung wegen der Haltung der Türkei „zu ersticken“. Dies sagte Bakogianni im Gespräch mit dem Tagesspiegel. Auch Griechenlands weitere Unterstützung der türkischen EU-Beitrittskandidatur hänge von der Entwicklung der bilateralen Beziehungen ab. „Worte allein reichen nicht“, unterstrich Bakogianni.

Unter dem Eindruck der verheerenden Erdbeben, die im Sommer 1999 die Türkei und Griechenland heimsuchten und in beiden Völkern eine Welle der gegenseitigen Hilfsbereitschaft auslösten, vereinbarten die damaligen Außenminister Giorgos Papandreou und Ismail Cem, auf eine Entspannung hinzuarbeiten. Man sprach von der „Erdbebendiplomatie“. Aber zehn Jahre später sind die Streitfragen um die Hoheitsrechte beider Länder in der Ägäis immer noch ungelöst. Bakogianni erinnerte daran, dass sich Griechenland schon seit 1990 um eine Annäherung an die Türkei bemüht habe. Der Entspannungsprozess müsse sich jedoch auf gegenseitigen Respekt und die Achtung des Völkerrechts gründen.

Scharf kritisierte sie dieTiefflüge türkischer Kampfjets über griechischen Inseln, die sich in den vergangenen Monaten gehäuft hatten. „Wir verurteilen diese Überflüge, sie stellen eine Verletzung des Völkerrechts dar“, sagte die Außenministerin. Es sei auch völlig inakzeptabel, dass Piloten von Verkehrsflugzeugen, wie jüngst geschehen, vor ihren Cockpitfenstern plötzlich türkische Kampfflugzeuge sehen: „Dieses Verhalten ist gefährlich, es belastet unsere Beziehungen, und es ist nicht vereinbar mit dem Status eines EU-Beitrittskandidaten – es muss aufhören“, sagte Bakogianni. Die griechische Außenministerin warnte: „Der Annäherungsprozess droht wegen der Haltung der Türkei zu ersticken.“ Griechenland erwarte, dass Ankara „auf unsere Öffnung mit praktischen Schritten eingeht“.

Auch der ständig anschwellende Strom illegaler Einwanderer, die über die Türkei nach Griechenland kommen, belastet die Beziehungen zwischen Athen und Ankara. Bakogianni bot der Türkei finanzielle Hilfe beim gemeinsamen Kampf gegen „diese moderne Form des Sklavenhandels“ an. Die Türkei müsse aber auch ihre Grenzen wirksamer kontrollieren und das bereits 2001 mit Griechenland geschlossene Abkommen über die Rücknahme illegaler Einwanderer endlich umsetzen. „Bisher tut sie das nicht“, kritisierte Bakogianni: von 69 000 illegalen Einwanderern habe die Türkei nur 2365 zurückgenommen.

Die Ministerin bekannte sich im Gespräch mit dem Tagesspiegel zum Ziel der türkischen Vollmitgliedschaft in der EU, denn die liege „im Interesse Europas und im Interesse Griechenlands“. Es werde jedoch für die Türkei „keinen Rabatt“ geben, sagte Bakogianni: „Vollmitgliedschaft setzt vollständige Erfüllung der Beitrittskriterien voraus.“ Das gelte auch im Verhältnis zu Zypern, unterstrich die Ministerin. Die Türkei verweigert bisher wegen der Inselteilung dem EU-Mitglied Zypern die Anerkennung, lässt zyprische Schiffe und Flugzeuge nicht ins Land. Die EU hat der Türkei 2006 eine dreijährige Frist zur Normalisierung ihrer Beziehungen mit Zypern gesetzt. Sie läuft im Dezember ab. „Es bleibt der Türkei noch Zeit, wenig Zeit , ihre Verpflichtungen gegenüber der EU zu erfüllen und Zypern anzuerkennen“, sagte die Ministerin. Wenn Ankara jetzt auf einen weiteren Aufschub hinarbeite und mit einer endgültigen Spaltung Zyperns drohe, dann wecke das „ernsthafte Vorbehalte hinsichtlich der wahren Absichten der Türkei“.

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