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Österreich: "Daham statt Islam"

Am Sonntag wird in Österreichs der Nationalrat gewählt. Die Rechtspopulisten sind im Wahlkampf nicht zimperlich - die meisten Wähler lassen die derben Sprüche jedoch kalt.

Wien - Ende der vergangenen Woche war es dem österreichischen Präsidenten Heinz Fischer dann doch zuviel: Es dürfe im Wahlkampf nicht "zu viel zwischenmenschliches Porzellan zerschlagen werden", rief er die Parteien vor den Nationalratswahlen am Sonntag zur Mäßigung auf. Zwar erwähnte Fischer die beiden rechtspopulistischen Parteien FPÖ (Freiheitliche Partei Österreichs) und das von ihr im vergangenen Jahr abgespaltene BZÖ (Bündnis Zukunft Österreich) nicht namentlich, doch war klar, wer seine Betroffenheit hervorgerufen hatte. "Menschen anderer Religionen und Nationalität" seien zu Feindbildern gemacht worden, bemängelte Fischer.

Denn zimperlich geht es im österreichischen Wahlkampf nicht zu. FPÖ-Spitzenkandidat Heinz-Christian Strache forderte gleich zu Beginn, es dürfe "überhaupt keine Zuwanderung mehr von außerhalb Europas nach Österreich" geben. Mit Plakaten wie "Österreich zuerst", "EU: Türkei-frei statt dabei" oder "Sichere Pensionen statt Asyl-Millionen" zeigen die Freiheitlichen, dass sie weder auf Political Correctness noch auf das Versmaß Rücksicht nehmen. Nur noch für Kopfschütteln sorgen die Slogans "Deutsch statt Nix verstehn" gepaart mit "Daham statt Islam".

Kampf um den österreichischen Stammtisch

Zwar bemüht das BZÖ - als Koalitionär der christdemokratischen ÖVP von Bundeskanzler Wolfgang Schüssel immerhin Regierungspartei - auf seinen Wahlplakaten nicht ganz so derbe Sprüche wie die FPÖ, doch forderte Parteichef Peter Westenthaler die Abschiebung von 300.000 integrationsunwilligen Ausländern. Der BZÖ-Quereinsteiger Veit Schalle, ehemaliger Chef von Rewe-Austria, sorgte für Empörung, als er die NS-Beschäftigungspolitik "beeindruckend" nannte und die Angehörigen der slowenischen Minderheit in Kärnten als "Gäste" bezeichnete.

Die Rechtspopulisten kämpfen um die Lufthoheit über den österreichischen Stammtischen, seit der ehemalige Parteichef Jörg Haider nach mehreren Wahldebakeln im Frühjahr des vergangenen Jahres "destruktive Kräfte" innerhalb der FPÖ ausmachte und das BZÖ gründete. Alle FPÖ-Regierungsmitglieder waren damals in das neu gegründete BZÖ übergetreten; doch ließ zu Beginn dieser Woche die als relativ liberal geltende Justizministerin Karin Gastinger eine Bombe platzen, als sie das Bündnis wegen seiner "Ausländerfeindlichkeit" verließ.

"Blöde dadaistische Poesie"

Nicht alle wollten ihr die hehren Motive allerdings abnehmen, denn ob das BZÖ tatsächlich die in Österreich geltende Vier-Prozent-Hürde überwinden kann, ist derzeit fraglich. Anders sieht es bei der FPÖ aus, die die Umfragen bei um die zehn Prozent sehen. Zu einer Regierungsbeteiligung wird es jedoch kaum kommen - Schüssel hat seinem ehemaligen Koalitionspartner eine klare Absage erteilt. Sollte das BZÖ - das sich selbst als "bürgerlich" bezeichnet - den Einzug ins Parlament doch schaffen, wollte er ein neuerliches Bündnis aber nicht ausschließen.

Die Rechtspopulisten in ihrer abgeschwächten Form bleiben weiterhin salonfähig in der Alpenrepublik und bei aller Missbilligung gegen den ausländerfeindlichen Wahlkampf, ruft dieser - anders als beim Einzug der FPÖ in die Regierung vor sechs Jahren - keinen Aufschrei mehr hervor. Denn auch wenn gelegentlich ein Verfall der demokratischen Kultur beklagt wird, so ist die Demokratie doch ungefährdet. Und anders als in Deutschland gibt es in Österreich keine nennenswerte rechtsextreme Szene, der die Rechtspopulisten in die Hände spielen könnten - der Verfassungsschutzbericht 2005 verzeichnete insgesamt lediglich 209 rechtextreme Delikte bei abnehmender Tendenz.

So werden die markigen Sprüche wie "Daham statt Islam" von den meisten als Wahlkampfgetöse gesehen, das keine realpolitische Bedeutung hat. "Es macht keinen Eindruck", sagt eine Wienerin. "Die Leute denken sich: Blöde dadaistische Poesie." Und tatsächlich meldete sich unlängst eine österreichisch-orientalische Musikgruppe zu Wort, die eine CD mit dem Titel "Islam daham" veröffentlicht hatte und nunmehr Urheberrechte einfordert. Viele Österreicher seien im Islam "daham", teilte das Ensemble Bard.Allah mit und das sei "etwas Positives für unsere Gesellschaft und Kultur". (von Alexander Pajevic/AFP)

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