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Somalia: Rebellen schwächen Übergangsregierung

Nach der Einnahme der drittgrößten Stadt Somalias durch islamische Rebellen hat die schwache somalische Übergangsregierung weiter an Einfluss verloren.

Baidoa/Kismayo - Äthiopische Truppen rückten in die Stadt Baidoa vor, um die dortige Übergangsregierung zu schützen, wie Augenzeugen berichteten. 300 bis 400 Soldaten seien mit schweren Lastwagen eingefahren, sagte einer von vielen Augenzeugen. Ein anderer sprach von dutzenden Lastwagen. Ein somalischer Regierungssprecher dementierte die Angaben. Islamisten schossen in der am Vortag eingenommenen Hafenstadt Kismayo auf Demonstranten und töteten nach Zeugenaussagen mindestens zwei Menschen.

Auch der für Verteidigung zuständige Vertreter des Obersten Rats der Islamischen Gerichte sagte in Mogadischu, es seien mindestens 300 äthiopische Soldaten in Baidoa rund 250 Kilometer nordwestlich der somalischen Hauptstadt eingetroffen. Die Truppen seien laut Geheimdienstinformationen mit "schwerer Kriegsmaschinerie" ausgestattet. Der Verteidigungschef sprach von einem "Akt der Aggression". Regierungssprecher Abduraman Dinari bezeichnete die Berichte über äthiopische Truppen in Baidoa dagegen als "Lügen". Damit wollten die Islamisten nur von der "unverhüllten Invasion" in Kismayo ablenken.

Übergangsregierung verliert weiter an Macht

In der Vergangenheit hatten sowohl die somalische als auch die äthiopische Regierung alle Berichte über die Entsendung äthiopischer Truppen ins Nachbarland bestritten. Die Regierung in Addis Abeba hat aber angekündigt, die somalische Übergangsregierung vor einer Bedrohung durch die Islamisten zu schützen, die ihre Stellung im Land immer weiter ausbauen. Die Einnahme Kismayos ist ein weiterer schwerer Schlag für die weitgehend machtlose Übergangsregierung und ihre Hoffnungen auf die Stationierung einer multinationalen Friedenstruppe der Ostafrikanischen Zwischenstaatlichen Entwicklungsbehörde (IGAD), der auch Somalia angehört. Die Islamisten sind gegen deren Entsendung.

In Kismayo kam es nach der Übernahme der Stadt durch die Islamisten zu Auseinandersetzungen zwischen Milizionären und Demonstranten. Die Islamisten hätten mindestens zwei Menschen getötet und drei weitere verletzt, berichteten Augenzeugen. Sie hätten auf eine Menge geschossen, die sich vor dem Sitz der JVA-Miliz versammelt hatte, die bislang die Stadt kontrollierte. Einige Demonstranten seien verärgert gewesen, dass die Islamisten die Nationalfahne an dem Gebäude durch ein islamisches Banner ersetzt hätten, sagte ein Augenzeuge. Einem anderen Zeugen waren einige der Demonstranten bewaffnet. Der Chef der islamistischen Milizen, Scheich Hassan Jakub, bezeichnete die Berichte über Tote als "absolute Lüge". Er bestätigte aber die Schüsse, die seine Kämpfer jedoch in Notwehr gegen die Steine werfenden Demonstranten abgefeuert hätten.

Islamisten-Milizionäre nehmen Hafenstadt ein

Die Islamisten-Milizionäre hatten die wichtige Hafenstadt Kismayo 500 Kilometer südlich von Mogadischu am Sonntag eingenommen und damit ihre Herrschaft weiter ausgebaut. Die Miliz von Barre Shire Hirale, der als Verteidigungsminister in der Übergangsregierung amtierte und bisher über Kismayo herrschte, habe die Flucht ergriffen. Kismayo hat für die Islamisten strategische Bedeutung, die nach eigenen Angaben verhindern wollen, dass die IGAD-Truppe dort an Land geht. In Somalia herrscht seit dem Sturz von Diktator Siad Barre 1991 Bürgerkrieg. Die Milizen der islamischen Gerichte haben inzwischen den Machtbereich der früheren Warlords stark beschnitten. (tso/AFP)

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