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ZDF-Intendant Thomas Bellut.

© dpa

Interview mit ZDF-Intendant: „Ich habe noch nie eine solche SMS erhalten“

ZDF-Intendant Thomas Bellut über den Rücktritt von CSU-Sprecher Strepp, die Beziehung zwischen Politik und Medien und darüber, warum er mit Horst Seehofer noch einmal ein ernstes Gespräch führen will.

Herr Bellut, wann haben Sie ihre letzte SMS von einem Politiker oder Sprecher bekommen, der sich über die geplante Berichterstattung des ZDF erkundigt hat?

Ich habe noch nie eine solche SMS bekommen. Auch in den elf Jahren, in denen ich leitend in der Redaktion Innenpolitik des ZDF tätig war, hat sich nie ein Politiker oder Sprecher vorab dazu geäußert, was wir  tun oder lassen sollen. Ich habe so etwas auch noch nicht von meinen Mitarbeitern gehört. Der Anruf von Hans Michael Strepp ist ein einmaliger Fall.

Am Donnerstag ist Strepp als CSU-Sprecher zurückgetreten, nachdem er am Sonntag in der "heute"-Redaktion angerufen hat, um angeblich eine Berichterstattung über den Parteitag der Bayern-SPD zu verhindern. Ist die Sache mit dem Rücktritt für Sie erledigt?

Mir hätte es gereicht, wenn er am Montag  gesagt hätte, dass er einen Fehler gemacht hat. Ich habe das für eine Art Blackout bei ihm gehalten. Aber er hält bis heute an seiner Darstellung fest.

Sie sagen, dass die Intention von Strepps Anruf eindeutig war.

Wenn auch auf sehr höfliche Weise, ging es Strepp doch im Kern darum, dass wir unsere Berichterstattung überdenken sollten. Also den Parteitag der SPD in Nürnberg anders einzuschätzen oder gar nicht zu machen. Die Kollegen von "heute" haben sich davon nicht  irritieren lassen und wie geplant berichtet.

Michael Konken, Bundesvorsitzender des Deutschen Journalisten-Verbands, bezeichnet Strepps Anruf als "brisanten Angriff auf die Pressefreiheit". Ist das nicht vergleichsweise übertrieben?

Wir fühlen uns nicht angegriffen, sondern wir haben einfach unsere Arbeit gemacht. Deshalb will ich das nicht so hoch hängen.  Fest steht: Dieser Versuch, schon vor der Berichterstattung Einfluss auf die redaktionelle Arbeit zu nehmen, das geht einfach nicht.

Zeugt es nicht von einer gewissen Naivität, zu glauben, die Berichte des ZDFs per Anruf oder SMS beeinflussen zu können?

Es bleibt rätselhaft, was Herrn Strepp dazu getrieben hat.

CSU-Chef Horst Seehofer ist Mitglied im ZDF-Verwaltungsrat. Werden Sie mit ihm noch einmal ein ernstes Gespräch führen?

Ich werde ihm selbstverständlich noch einmal unsere Haltung verdeutlichen. Ich halte es im Übrigen für ausgeschlossen, dass Strepps Anruf auf seine Veranlassung hin geschehen ist.

Was wird sich aus diesem Fall für die künftige Beziehung zwischen Politik und Medien ergeben?

Eigentlich sind die Regeln klar und eindeutig. Nämlich, dass im Vorfeld eine Berichterstattung nicht beeinflusst werden darf, von wem auch immer. Sollte es Kritik an der Berichterstattung geben, dann ist es völlig legitim, diese zu äußern, aber bitte erst nach Ausstrahlung.

Dann haben Sie zwar vorab noch nie eine SMS von einem Politiker oder Sprecher bekommen, aber nach einem gesendeten Beitrag schon?

Ja, das kommt vor. Jeder hat das Recht, sich auch in den Gremien des ZDFs frei zu äußern. Wir stellen uns immer der Kritik. Ob und wie wir dann darauf reagieren, das bleibt wiederum uns vorbehalten.

Das Gespräch führte Sonja Pohlmann.

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