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Politik: Iraks Christen wollen autonom sein

Berlin - Vertreter der Christen im Irak befürchten, dass ein friedliches Zusammenleben von Muslimen und Christen dort auf Dauer nicht möglich sein wird. Sie fordern deshalb eine autonome christliche Region.

Berlin - Vertreter der Christen im Irak befürchten, dass ein friedliches Zusammenleben von Muslimen und Christen dort auf Dauer nicht möglich sein wird. Sie fordern deshalb eine autonome christliche Region. „Wenn die Kurden eine solche Region bekommen können, warum nicht wir?“, sagte Aziz al Zebari, Sprecher des Chaldäisch-Syrisch-Assyrischen Rats am Mittwoch in Berlin. Weil viele Christen aus ihren Heimatorten geflohen seien, wohnten sie nun viel konzentrierter in bestimmten Regionen als noch 2003. Gemeinsam mit einer Delegation anderer christlicher Vertreter hält sich al Zebari zurzeit auf Einladung des Auswärtigen Amts in Berlin auf. Am heutigen Freitag wird sich auch der Bundestag mit der Situation der Christen im Irak beschäftigen.

Die Vertreter zeichnen ein dramatisches Bild der Lage der Christen im Irak. Der westlichen Öffentlichkeit sei das volle Ausmaß der Repressionen nicht bewusst, da christliche Würdenträger aus der Region das Problem herunterspielten, sagt Al-Zebari. „Die christlichen Geistlichen wie etwa Kardinal Emmanuel Delly werden ihren eigenen moralischen Vorstellungen nicht gerecht.“ Sie zeichneten ein „Bild der Toleranz“, obwohl die Situation jeden Tag schlechter werde. Auch die Äußerungen von Papst Benedikt XVI. hinterließen den Eindruck, als sei der Papst „eher gleichgültig“ gegenüber dem Schicksal der Christen im Irak, meint al Zebari. Der Angriff auf eine Kirche in Bagdad vor zwei Monaten, bei dem 50 Menschen getötet wurden, sei nur ein Höhepunkt ständig andauernder Gewalt. „Wir sind im Irak nicht gewollt“, sagt al Zebari. Jeder Christ denke daran, auszuwandern.

Abdullah al Noufali vertritt im Auftrag der irakischen Regierung christliche Stiftungen. Er sagt, seit dem Angriff auf die Kirche habe sich die monatliche Zahl der christlichen Auswanderer auf knapp 700 mehr als verdoppelt. „Wir leiden zweimal – unter der Gewalt der ausländischen Truppen und unter dem, was Muslime uns antun“, sagt al Noufali. Dabei gehe es nicht nur um die Gewalttaten von Privatleuten. „Die Verfassung schreibt schließlich vor, dass es keine Gesetze geben darf, die dem islamischen Recht widersprechen“, kritisiert er.

Auf Antrag von Union und FDP wird sich der Bundestag am heutigen Freitag mit einer Erklärung „zum weltweiten Schutz der Religionsfreiheit“ beschäftigen. Im Vorfeld sprach sich Unionsfraktionschef Volker Kauder für ein „klares Signal“ des Bundestages zugunsten christlicher Präsenz im Irak aus. Dazu solle Deutschland Entwicklungszusammenarbeit anbieten, die auch finanzielle Hilfe umfassen müsse. Karin Schädler

Karin Schädler

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