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Israel: Hoffnungslos

Benjamin Netanjahu will den Rechtsaußen-Politiker Avigdor Lieberman zum Verteidigungsminister machen. Eine falsche Entscheidung. Ein Kommentar

Ein Kommentar von Charles A. Landsmann

Benjamin Netanjahu hat wieder mal alle überrascht: Medienberichten zufolge soll sein stärkster Rivale, der Rechtsaußen-Politiker Avigdor Lieberman, Verteidigungsminister werden.
Liebermans säkular-nationalistische Partei „Israel Beiteinu“ soll sich der Likud-geführten Regierungskoalition von Premierminister Netanjahu anschließen und deren knappe Mehrheit stabilisieren.
Der 57-jährige, aus Moldawien stammende Lieberman, versteht sich als nationaler Pragmatiker. Doch er hat sich als rücksichtsloser Siedler und Palästinenser-Hasser einen Namen gemacht. Minuten nachdem seine wahrscheinliche Ernennung zum Verteidigungsminister bekannt wurde, schlugen Raketen aus dem Gazastreifen auf israelischem Gebiet ein.

Die Ernennung ist eine Ohrfeige für alle, die sich um Entspannung bemühten

Alle Hoffnungen auf Entspannung oder gar Friedensverhandlungen sind zunichte gemacht. Die Ernennung ist eine schallende Ohrfeige für den ägyptischen Präsidenten Abdel Fattah al-Sisi, für US-Außenminister John Kerry und den ehemaligen britischen Premierminister und Sondergesandten des Nahost-Quartetts, Tony Blair.
Sisi hatte tags zuvor von einer historischen Chance für den Verhandlungsprozess mit den Palästinensern und den eigenen Friedensvertrag mit dem jüdischen Staat gesprochen. Anlass für die Hoffnung war die vermeintliche Ernennung des gemäßigten Oppositionschefs Jitzchak Herzog zum Außenminister. Kerry war nach Kairo geeilt, um mit Sisi die vermeintlich hoffnungsvolle neue Lage zu besprechen und die beidseitigen Anstrengungen zu koordinieren. Blair bemüht sich seit Monaten intensiv um die Bildung einer großen Koalition. Sie stehen übertölpelt wie abgestrafte Lausbuben da.

Aus einer nationalistischen wird eine ultranationalistische Koalition

Auf israelischer Seite sind die beiden großen Verlierer Herzog und der aktuelle Verteidigungsminister und Generalstabschef Mosche Yalon. Letzterer zeigte sich bisher überraschend moderat und stärkte seinen Generälen den Rücken, die sich um die Moral der Truppe und um die der gesamten israelischen Gesellschaft sorgen. Er erfuhr von seiner Absetzung per Telefon und wird in dieser Koalition nun vielleicht mit dem Amt des Außenministers abgespeist – wohl wissend, dass Netanjahu die Außenpolitik alleine bestimmt.
Israel hatte bisher schon die nationalistischste Regierung seit Staatsgründung. Ausgerechnet jetzt, da der Druck von außen zunimmt und Gewalt den Alltag im Inneren beherrscht, droht sie zu einer ultranationalistischen Koalition zu werden.

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