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Das BMI hat eine Studie zu Muslimen in Deutschland in Auftrag gegeben.

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Update

Junge Muslime in Deutschland: Friedrich besorgt über mangelnde Integrationsbereitschaft

Die Studie des BMI zu Muslimen stößt auf Skepsis. Die Regierung müsse sich nicht wundern, dass ihr Verhalten zu Abwehrhaltungen führt, sagte Volker Beck von den Grünen. Auch der methodische Ansatz der Studie wird kritisiert.

Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) hat sich besorgt über die Ergebnisse einer neuen Studie geäußert, wonach sich viele in Deutschland lebende, nichtdeutsche Muslime einer Integration verweigern. "Wer Freiheit und Demokratie bekämpft, wird hier keine Zukunft haben", erklärte Friedrich anlässlich der Vorstellung der Studie am Donnerstag in Berlin. Skeptisch zu der Untersuchung äußerten sich Politiker der Opposition.

In der Studie "Lebenswelten junger Muslime" für das Innenministerium heißt es, 78 Prozent der befragten Muslime im Alter zwischen 14 und 32 Jahren seien zur Integration bereit, 22 Prozent betonten dagegen eher die eigene Herkunftskultur. Von den nichtdeutschen Muslimen befürworteten sogar nur 52 Prozent die Integration in die deutsche Gesellschaft, während 48 Prozent "starke Separationsneigungen" zeigten. Die Studie wurde am Nachmittag auf der Seite des Innenministeriums veröffentlicht.

Die beteiligten Forscher der Universitäten Jena und Bremen sowie weiterer Forschungsinstitute kommen auch zu dem Schluss, dass es eine Gruppe unter den jungen Muslimen gibt, die als "streng Religiöse mit starken Abneigungen gegenüber dem Westen, tendenzieller Gewaltakzeptanz und ohne Integrationstendenz" bezeichnet werden könne. Zu dieser Gruppe wurden 15 Prozent der jungen deutschen Muslime und 24 Prozent der nichtdeutschen gerechnet.

Bundesinnenminister Friedrich kritisiert die hohe Zahl integrationsunwilliger junger Muslime.
Bundesinnenminister Friedrich kritisiert die hohe Zahl integrationsunwilliger junger Muslime.

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"Es gibt nicht eine muslimische Lebenswelt in Deutschland, sondern zahlreiche ambivalente", lautet eine Schlussfolgerung der Studie. Eine Mehrheit der Muslime distanziere sich deutlich von islamistischem Terrorismus, erlebe aber umgekehrt eine Pauschalverurteilung von Muslimen als Terroristen. Die Rede ist hier von einer zumindest subjektiv wahrgenommenen "gruppenbezogenen Diskriminierung".

"Deutschland achtet die Herkunft und kulturelle Identität seiner Zuwanderer. Aber wir akzeptieren nicht den Import autoritärer, antidemokratischer und religiös-fanatischer Ansichten", erklärte dazu Friedrich.

Kritik an der Studie kam aus SPD, FDP und Grünen. "Ich muss mich schon wundern, dass das BMI erneut Steuergelder darauf verwendet, eine Studie zu finanzieren, die Schlagzeilen produziert, aber keinerlei Erkenntnisse", sagte der integrationspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Serkan Tören, der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (NOZ).

Das religiöse Bekenntnis vieler junger Muslime sei oft nur "eine leere Hülse", die nicht mit gelebter Religion einhergehe, sondern "Provokation und kulturelle Abgrenzung" sein wolle, sagte der türkischstämmige Politiker. "Religiosität und Gewalt sind kein Automatismus, das beweisen andere Studien und meine persönliche Erfahrung." Der Jenaer Psychologe Wolfgang Frindte, der maßgeblich an der Untersuchung war, sagte der Nachrichtenagentur dpa, die Zahlen seien für ihn nicht überraschend. Würden auch die Eltern- und Großelterngenerationen einbezogen, zeige sich, dass der Anteil radikaler Einstellungen sinke und sich die Muslime deutlich vom islamistischen Terrorismus distanzierten.

"Wer Muslime nur unter ihrem Nutzen der Gefahrenabwehr bemisst und sonst nicht müde wird, ihnen zu erklären, dass der Islam nicht Teil unserer Gesellschaft ist, darf sich darüber nicht wundern, wenn dies zu Abwehrhaltungen führt", erklärte Grünen-Parlamentsgeschäftsführer Volker Beck. Zuvor hatte bereits die stellvertretende SPD-Vorsitzende Aydan Özoguz den methodischen Ansatz der Studie kritisiert.

Als "erschreckend" wertete der CSU-Politiker Hans-Peter Uhl die Ergebnisse der Untersuchung. "Diese Integrationsverweigerung muss nicht, aber kann den Nährboden für religiösen Fanatismus und Terrorismus darstellen", sagte er der "NOZ".

Zum Islam bekennen sich in Deutschland nach Angaben des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge schätzungsweise vier Millionen Menschen. Knapp die Hälfte von ihnen hat die deutsche Staatsbürgerschaft. Für die Studie "Lebenswelten junger Muslime in Deutschland" wurden 700 junge deutsche und nichtdeutsche Muslime telefonisch befragt. Zudem wurden 692 Fernsehbeiträge aus Nachrichtensendungen analysiert. (AFP, dpa)

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