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Will mit dem Westen gemeinsame Sache machen: Baschar al Assad glaubt, dass Staaten wie die USA oder Großbritannien im Kampf gegen den Islamischen Staat auf seine Hilfe angewiesen sind.

© AFP

Kampf gegen IS in Syrien: Angebot für den Todfeind

Jahrelang ließ Syriens Herrscher Baschar al Assad die Krieger des „Islamischen Staats“ gewähren. Jetzt wird er selbst zum Angriffsziel – und schlägt den USA vor, gemeinsam den Terror zu bekämpfen.

Zwei Jahre lang haben sich die Todfeinde geschont. Stets sparte Baschar al Assad bei Luftangriffen die Stellungen des „Islamischen Staates (IS)“ und deren Hochburg Rakka aus. Die Dschihadisten ließen dafür das halbe Dutzend Kasernen in ihrem Hegemoniebereich unangetastet. Seit der IS-Offensive Anfang Juni bis vor die Tore Bagdads jedoch ist auch der Burgfrieden zwischen den schwarzen Terroristen und Damaskus zerbrochen. Am Wochenende eroberten die Gotteskrieger mit Tabqa die letzte und wichtigste Luftwaffenbasis im Osten Syriens. Mindestens 150 Offiziere und Mannschaften gerieten in Gefangenschaft.

An Tabqa bissen sich sämtliche anderen Rebellengruppen jahrelang die Zähne aus. Die IS-Kommandos dagegen brauchte ganze sechs Tage und vier Angriffswellen mit Selbstmordattentätern, um das strategisch wichtige Areal mit seinen riesigen Waffenvorräten, darunter MiG-21Kampfjets, Helikopter, Panzer und Flugabwehrgeschütze, in seine Gewalt zu bringen. So weiß die Führung in Damaskus spätestens seit dem Wochenende, dass die IS-Kämpfer auch ihr gefährlich werden. Denn Assads durch drei Kriegsjahre zermürbte Soldaten sind den bestens finanzierten und bewaffneten Vandalen genauso wenig gewachsen wie 500 Kilometer weiter die irakische Armee.

USA werfen Assad vor, die IS-Terroristen erst groß gemacht zu haben

Für den syrischen Diktator entsteht damit eine neue Lage, genauso wie für seinen Erzfeind USA an der irakischen Front des „Islamischen Kalifats“: Beide Kontrahenten finden sich durch die Krise plötzlich als De-facto-Verbündete wieder im Kampf gegen das „Krebsgeschwulst des Nahen Ostens“, wie US-Präsident Barack Obama kürzlich formulierte. Das Weiße Haus wirft Assad vor, die IS-Krieger allzu lange geschont und damit erst so extrem bedrohlich gemacht zu haben. Zum Beispiel wurden Islamisten aus seinen Kerkern scharenweise auf freien Fuß gesetzt. Denn ihre Schreckensherrschaft erfüllte für Damaskus einen doppelten Zweck. Die IS-Attacken auf andere Rebellengruppen schwächten die bewaffnete Opposition. Und das blutrünstige Gebaren der Dschihadisten diente dem Regime als Beleg für seine Behauptung, Volksaufstand und Bürgerkrieg seien in Wahrheit ein Terrorfeldzug gegen die gesamte syrische Nation.

Vergangenen Freitag ließen der amerikanische Verteidigungsminister und sein Generalstabschef erstmals keinen Zweifel daran, dass US-Luftangriffe gegen IS auf syrischem Boden zwingend nötig seien, wolle man dem Treiben der „Gotteskrieger“ Einhalt gebieten – ein Paukenschlag, der sofort feinziselierte diplomatische Erklärungen auslöste. Sie widerspreche ausdrücklich der Auffassung, die USA und Syrien befänden sich nun bei ihrem Vorgehen im Gleichklang, stellte wenig später die Sprecherin des US-Außenministeriums klar. Auch Großbritannien möchte nicht mit dem syrischen Regime, das über 190 000 Tote, mehr als 500 000 Verletzte und nahezu zehn Millionen Flüchtlinge zu verantworten hat, Seite an Seite gesehen werden. In Damaskus aber reibt man sich die Hände. Amerikanische Laser-Raketen gegen IS träfen nicht nur die gefährlichsten Feinde des Regimes, sie würden indirekt auch Assads Machterhalt zementieren. „Wir sind bereit, mit der internationalen Gemeinschaft zu kooperieren, um den Terrorismus zu bekämpfen“, verkündete am Montag leutselig Syriens Außenminister Walid Muallem.

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